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Razzien zeigen nur mäßigen Erfolg. | Zweites Treffen soll im April folgen. | Bagdad/Wien. In Wien verkündeten Vertreter der irakischen Regierung am Dienstag frohe Botschaften: Die Sicherheitsoffensive in Bagdad habe die Lage erheblich verbessert, die Zahl der Toten sei gesunken.
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Am Nachmittag desselben Tages zeigte eine Nachricht die wirkliche Situation im Irak: 100 Kilometer südlich von Bagdad wurden 120 Menschen getötet. Auch am nächsten Tag waren schiitische Pilger, die in Kerbala die Ashura-Festlichkeiten zum Gedenken an den 680 getöteten Imam Hussein beenden wollten, Ziel von Anschlägen.
Seit die irakisch-amerikanischen Truppen in Bagdad gegen die Milizen der beiden rivalisierenden Islam-Gruppen der Schiiten und Sunniten vorgehen, verlagern die Aufständischen ihre Aktivitäten zunehmend ins Umfeld der Hauptstadt. Aber auch Bagdad selbst kommt nicht zur Ruhe. Zwar gibt es nun tatsächlich weniger Fememorde. Die Sunniten konzentrieren sich nun aber auf spektakuläre Bombenanschläge.
Beobachter fürchten, dass sich die gute Absicht der Offensive ins Gegenteil verkehrt: Seit der radikale Schiiten-Prediger Moktada al-Sadr unter dem Druck der Razzien und von Regierungschef Nuri al-Maliki seine Mahdi-Milizen zum Stillhalten aufruft, verstärken die Sunniten die Angriffe. US-Kommandant David Petraeus sieht darin den Versuch, den Bürgerkrieg zu provozieren.
Auch Iran sucht Kontakt
Vor diesem Hintergrund wäre eine "nationale Versöhnung" mehr als nötig, wie sie die am Samstag stattfindende Irak-Konferenz in Bagdad anstrebt. Maliki hat dazu nicht nur die USA, sondern auch alle Nachbarländer eingeladen. Im April soll eine Fortsetzung folgen.
Iran und Syrien sehen in dem Treffen die Gelegenheit, erstmals seit Jahren den Amerikanern auf diplomatischer Ebene begegnen zu können. Auch Teheran hat kein Interesse an zu viel sektiererischer Gewalt. Präsident Ahmadinejad steht innenpolitisch unter Druck: Sein Hardliner-Kurs ist intern umstritten, die versprochene Hilfe für die Armen greift nicht, stattdessen wird Benzin rationiert. Da ist ein weiterer Unruheherd in der Sunniten-Provinz im Südosten des Landes, wo Rebellen vermutlich mit US-Geheimdienstunterstützung immer wieder Anschläge ausführen, nicht zu gebrauchen.
Überdies möchte man die gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen in der Grenzregion nicht stören. Bei Ahmadinejads Besuch im sunnitischen Saudi-Arabien vor einer Woche erklärten daher beide Seiten, die größte Gefahr für die Moslems sei das Schüren der Gewalt zwischen den religiösen Fraktionen.
Dass die Amerikaner sich an den Verhandlungstisch setzen, wird als Wende in ihrer Politik gewertet: Noch vor kurzem lehnte Präsident George W. Bush die Vorschläge der Iraq Study Group ab, Syrien und den Iran bei einer Lösung der Krise einzubinden. Doch die verheerende Lage im Irak zwingt die USA zum Kontakt mit den Erzfeinden. Ob die Konferenz die Situation im Irak selbst beruhigt, ist fraglich. Sie nährt aber die Hoffnung, dass sich die erhitzten Gemüter in der ganzen Region abkühlen könnten.