Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 24 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Mit dem knapp 40jährigen Alfred Gusenbauer hat die SPÖ den jüngsten Vorsitzenden ihrer traditionsreichen Geschichte. Der "Gusi" ist aber auch der mit Abstand jüngste Chef in der österreichischen
Parteienlandschaft. Mit seiner Nominierung haben die Sozialdemokraten einen Generationswechsel eingeleitet und eine unkonventionelle Lösung gefunden.
Man hat sich in der SPÖ der guten alten Tradition erinnert, Entscheidungen in aller Ruhe und in der "Familie" vorzubereiten und diese dann auch umzusetzen. Man hat jenen, die schon von Flügelkämpfen
und Zerreißproben innerhalb der SPÖ gesprochen haben, rasch und eindeutig den Boden unter den Füßen weggezogen. Daß ein Herr Westenthaler ihn als "linken Apparatschik und eine Verlegenheitslösung"
beschimpft, darf Gusenbauer sogar zur Ehre gereichen. Denn seine Nominierung scheint die größere Koalitionspartei, mit einem alternden Vorsitzenden, in Verlegenheit zu bringen.
Gusenbauer findet größte Anerkennung auch bei jenen, die man für diese höchste SPÖ-Funktion ins Gespräch gebracht hatte. Und der neue SPÖ-Kapitän wird die Qualitäten dieser Persönlichkeiten zu nützen
wissen; jene des Linksverbinders Caspar Einem, jene des Rechtsverbinders Karl Schlögl, jene des exzellenten Mittelfeldregisseurs Rudolf Edlinger, assistiert vom gnadenlosen Außendecker Peter Kostelka
und des souveränen Schlußmannes Heinz Fischer · um es für diese Fußballfreunde in der Fußballersprache auszudrücken.
Gusenbauer hat die berühmte Ochsentour innerhalb der Partei in einer Reihe von Funktionen hinter sich gebracht. Er kennt daher diese große Bewegung. Er ist daher auch ein Garant dafür, die Kern- und
Stammwählerschicht zu erhalten und jene, auf die die Partei zuletzt ungenügend Rücksicht genommen hat, zurückzuholen. Und er wird die Partei öffnen und modernisieren, wie er es schon in seiner
nunmehrigen Kurzzeitfunktion als Zentralsekretär, der jetzt Bundesgeschäftsführer heißt, angekündigt hat.
Alfred Gusenbauer ist eine große Hoffnung für die österreichische Sozialdemokratie · und ebenso für das von ihm heiß geliebte Österreich.