Wien. Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) konstatiert zwar "ein robustes Wachstum" zum Jahresstart 2010 und erwartet für die Alpenrepublik heuer ein BIP-Plus von 1,5 Prozent, aber Gouverneur Ewald Nowotny glaubt trotzdem nicht, dass Europa konjunkturell schon über dem Berg sei.
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Weltwirtschaftlich sei die Krise überstanden, 2010 rechne man mit 3,5 bis 3,7 Prozent Wachstum, für Europa ergebe sich freilich "eine etwas eigenartige, eher beunruhigende Entwicklung": Man befinde sich hier "nicht im Jahr eins nach der Krise, sondern eher im Jahr drei der Krise", sagte Nowotny in der ORF-Pressestunde.
Nach den aktuellen Ergebnissen des OeNB-Konjunkturindikators ist für die ersten beiden Quartale 2010 freilich mit einem Wachstum des realen BIP von jeweils 0,5 Prozent (saison- und arbeitstägig bereinigt, im Vergleich zum Vorquartal) zu rechnen. Damit würde sich die österreichische Wirtschaft "auf dem Wachstumspfad bewegen, auf den sie im dritten Quartal 2009 eingeschwenkt ist", schreibt die OeNB.
Das Wachstum zu Beginn 2010 zeige zwar eine "robuste Konjunkturentwicklung", es "ist jedoch nicht auszuschließen, dass sich das Wirtschaftswachstum gegen Jahresende mit dem Abklingen von temporären Wachstumsfaktoren spürbar verlangsamen könnte", warnte Nowotny vorab in einer Nationalbank-Aussendung.
Gegenüber der letzten Veröffentlichung des Konjunkturindikators vom Jänner 2010 blieb die Wachstumsprognose der OeNB für das erste Quartal 2010 unverändert. Die weitere Entwicklung der Konjunktur werde stark von der Entwicklung des Exportsektors abhängen, meinte Nowotny im Fernsehen. Von der heimischen Ausrüstungskonjunktur und vom privaten Konsum sind nach Meinung der Notenbank kurzfristig keine wesentlichen Konjunkturimpulse zu erwarten.
Gute Auftragslage für Exporteure
Im 4. Quartal haben die österreichischen Betriebe Lagerbestände, die sie im Lauf der Krise abgebaut hatten, wieder aufgebaut und darüber hinaus seien die Exporte wegen der anziehenden internationalen Konjunktur dynamisch gewachsen, wird im sonntags veröffentlichten Konjunkturindikator analysiert. Die Exporteure hätten sowohl vom schwächeren Euro als auch von einer besseren Auftragslage profitiert: "Die gesamten Auftragseingänge, die im Verlauf der Krise um rund 30 Prozent eingebrochen sind, haben mittlerweile die Hälfte dieses Rückgangs wieder wettmachen können", sagt Nowotny. Zuletzt hätten vor allem die Auslandsaufträge positiv überrascht.
Die Investitionen haben sich dagegen auch im 4. Quartal rückläufig entwickelt und damit das Wachstum gedämpft. Von heimischen Ausrüstungsinvestitionen sei kurzfristig kein konjunktureller Impuls zu erwarten, auch der private Konsum "wird in den nächsten Quartalen keine wesentliche Konjunkturstütze darstellen können." Die gestiegene Arbeitslosigkeit und die für 2010 zu erwartenden niedrigen Lohnabschlüsse "sprechen für eine schwache Konsumdynamik im ersten Halbjahr 2010".
Er glaube nicht, dass die geplanten Steuererhöhungen die Konjunktur unmittelbar beeinträchtigen würden, meinte Nowotny. Nach einem 20-prozentigen Ausfuhreinbruch im vergangenen Jahr müsse man hoffen, "dass die Exporte wieder anziehen". Der "beste Konjunkturimpuls" für die europäischen Ausfuhrbetriebe sei der Abbau der "Überbewertung des Euro", sagte EZB-Ratsmitglied Nowotny.
Konsolidierungskurs "vernünftiger Mittelweg"
Die Budgetkonsolidierung ab 2011 sieht Nowotny als '"vernünftigen Mittelweg", der die "derzeit noch sehr angespannte" Konjunktur nicht belaste. Man soll aber mit einer Sanierung nicht zuwarten, "die Rückführung wird sonst nur umso kostspieliger und schmerzhafter", sagte Nowotny.
Zur Bankensteuer, die nach den Plänen der Regierung 500 Mio. Euro jährlich bringen soll, merkte er an, dass die Notenbank dem insoweit kritisch gegenüberstehe, als eine solche Abgabe das Eigenkapital der Banken verringere - ebenso wie Dividenden oder zu hohe Bankerboni. Andererseits habe eine solche Abgabe aber auch einen politischen Aspekt und könne "fiskalisch, aber auch psychologisch eine erhebliche Rolle" bei der Budgetkonsolidierung spielen.
Zur europäischen Diskussion um externe Unterstützung für das finanziell angeschlagene Griechenland meinte Nowotny, es könne keine solche Hilfe "ohne deutliche Eigenmaßnahmen" geben. Die von Athen vorgelegten Sparpläne sei ein solcher Eigenbeitrag. Nowotny bekräftigte die Haltung der Europäischen Zentralbank (EZB), wonach beim Euro-Mitglied Griechenland "Alternativmodelle" zu einer Unterstützung durch den Internationalen Währungsfonds vorzuziehen sind.
In Sachen Nationalbankbeteiligungen unterschied Nowotny zwischen "historisch gewachsenen" Beteiligungen wie den Anteil der Casinos und Bereichen aus dem "Kerngeschäft" wie der Münze Österreich, die die Nationalbank nicht verkaufen werde.
Nowotny gab sich überzeugt, dass die Regierung auch als künftiger 100-Prozent-Eigentümer die Unabhängigkeit der Notenbank in geldpolitischen Fragen respektieren werde und dass - unabhängig von eventuellen Verkäufen - der "Vermögensbestand" nicht angetastet werde: "Das ist ein Teil der notwendigen Rücklagen, was wir nicht wollen, ist ein Ausräumen der Nationalbank". Für 2009 kündigte er eine massiv höhere Gewinnausschüttung an den Finanzminister an.
Kritik von FPÖ und BZÖ
Scharfe Kritik hat die FPÖ an Nationalbankgouverneur Ewald Nowotny wegen dessen Haltung zu Griechenland und anderen hoch defizitären Euro-Ländern geübt. "Auch in der heutigen Pressestunde ist von Gouverneur Nowotny kein Sterbenswörtchen zur unsoliden spanischen und griechischen Wirtschafts- und Haushaltspolitik zu hören", erklärt FP-Chef Heinz-Christian Strache. Nowotny solle "endlich seine Aufgaben wahrnehmen und sich für den Ausschluss Griechenlands aus der Währungsunion aussprechen".
BZÖ-Bündnisobmann Josef Bucher kritisierte, dass Nowotny die Augen vor den OeNB-Privilegien völlig verschließe. Die jährliche Durchschnittspension eines OeNB-Mitarbeiters betrage jährlich mehr als 70.000 Euro. Nowotny habe weiters die Befürchtungen des BZÖ bestätigt, dass die Wirtschaftskrise in Österreich noch länger andauern und die Konjunktur heuer nochmals einbrechen werde. Die geplanten Steuererhöhungen der Regierung seien "völlig falsch".