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Hofübergabe bei Fiat

Von WZ Online

Wirtschaft

Turin. Vier Tage vor der Vorstellung des neuen Entwicklungsplans kommt es bei Fiat zu einer überraschenden Wende. Nach sechs Jahren unter der Leitung des angesehenen Managers Luca Cordero di Montezemolo setzt der Turiner Autobauer jetzt wieder auf ein Mitglied des Agnelli-Clans, der die Mehrheit an Fiat hält.


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Die Zukunft des italienischen Autounternehmens soll von jetzt an auf den bisherigen Vizepräsidenten der Gruppe, den 34-jährigen John Elkann, lasten, der zum Nachfolger Montezemolos aufrückt. Der Lieblingsenkel des 2004 verstorbenen Industriekapitäns Giovanni Agnelli steht nun die schwierige Aufgabe bevor, Fiat trotz der schwierigen Wirtschaftskrise in einen globalen Player auf dem internationalen Automarkt umzuwandeln.

Bisher hatte der 1976 in New York geborene Elkann noch als Vizepräsident an der Seite Montezemolos und des erfahrenen Geschäftsführers Sergio Marchionne Erfahrung für den Spitzenjob bei Fiat gesammelt. Seit dem Tod seines Großvaters im Jänner 2003 vertritt John Elkann das mit rund 30 Prozent größte Einzelpaket der Familienholding rechtlich. Der junge Manager - genannt Jaki - bereitet sich bereits seit Jahren auf die Führungsrolle bei Fiat vor. Seit 1997 ist er Mitglied des Fiat-Aufsichtsrats. Ursprünglich war nicht Elkann, sondern sein älterer Vetter, Giovannino Agnelli, Umbertos Sohn, vom Clan dazu bestimmt worden, die Verantwortung für die Gruppe zu übernehmen. Als Giovannino im Dezember 1997 an Krebs starb, musste der junge Elkann eine Ausbildung zum Industriekapitän beginnen.

Der Sohn von Giovanni Agnellis einziger Tochter Margherita und des französischen Publizisten Alain Elkann hat mehrere Jahre in Paris gelebt und beherrscht vier Sprachen fließend. 1994 machte er seine Matura in Paris. Im Anschluss studierte er bis zum Jahr 2000 am Polytechnikum in Turin Wirtschaftsingenieurwesen und begann danach seine Karriere bei General Electric in der Abteilung Beteiligungs-Controlling. "John ist zwar noch jung, aber er hat bereits Talent und moralische Haltung bewiesen", pflegte Giovanni Agnelli über seinen Neffen zu sagen. Wie es für die jungen Mitglieder der Familie Agnelli üblich ist, jobbte John Elkann in den vergangenen Jahren während der Sommermonate inkognito in einer Fiat-Fabrik in Birmingham und in Polen, wo man ihn wie einen einfachen Arbeiter behandelte.

Der eher zurückhaltende Elkann wird sich nun daran gewöhnen müssen, stärker im Rampenlicht der Medien zu stehen. Bisher hatte man ihn nur meistens an der Seite Montezemolos oder Marchionnes gesehen. Sein 33-jähriger Bruder Lapo Elkann ist dagegen wegen seiner Extrovertiertheit und seiner Liebe für Partys in der High Society häufiger in der Öffentlichkeit zu sehen.

Der schüchterne John Elkann, der mit der Adeligen Lavinia Borromeo verheiratet ist und mit ihr zwei kleine Söhne hat, kann mit der Unterstützung eines soliden Managements rechnen. Die Führung des Konzerns bleibt weiterhin fest im Griff des Geschäftsführers Marchionne, der nach der Übernahme des US-Konzerns Chrysler stark für die Internationalisierung des italienischen Konzerns arbeitet.

Elkann wird am kommenden Samstag den neuen Entwicklungsplan Fiats vorstellen. 16 neue Automodelle, massive Jobkürzungen in Italien und starke Investitionen in Russland, China und Nordamerika sieht der ambitionierte Plan für die Jahre 2010-2014 vor. 5,5 Millionen Autos sollen demnach im Jahr produziert werden. Ein Dorn im Auge ist für die Gewerkschaften der starke Jobabbau, den Fiat in der Heimat Italien plant. Der Konzern will Gerüchten zufolge 5.000 Stellen streichen, das entspricht 15 Prozent der heimischen Fließbandarbeiter. Fiat hat in Italien insgesamt rund 80.000 Angestellte, am Fließband stehen 30.000. (APA, red)