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Einfamilienhäuser sollen frei von Erbschaftssteuer sein. | Keine Vermögenssteuer unter einer SPÖ-Regierung. | Reform des Haushaltsrechts erst nach einer Staatsreform. | "Wiener Zeitung":Herr Staatssekretär, in einigen Wochen wird der Verfassungsgerichtshof mit hoher Wahrscheinlichkeit die Erbschaftssteuer kippen. Wie soll die Regierung darauf reagieren?
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Christoph Matznetter: Kern des Problems ist, dass verschiedene Arten von Vermögen unterschiedlich behandelt werden. Sollte der VfGH die Erbschaftssteuer kippen, wird er eine Frist zur Reparatur einräumen. Innerhalb dieser Frist ist der Gesetzgeber dann aufgerufen, das Gesetz in eine Form zu bringen, die nicht gleichheitswidrig ist.
Wie könnte der Gesetzgeber das tun?
Indem er alle Vermögensarten - abgesehen von Sparvermögen, das ja per Verfassungsbestimmung von der Erbschaftssteuer befreit ist - gleichmäßig besteuert, unabhängig davon, ob es sich um ein Grundstück, eine Geldleistung oder einen Betriebsanteil handelt. Theoretisch könnte man hier allgemein den Verkehrswert als Steuerbemessungsgrundlage einsetzen. Das käme allerdings einer Steuererhöhung gleich, und das wollen wir als Bundesregierung nicht. Auf der anderen Seite soll es aber vor der Steuerreform auch keine vorgezogenen Steuergeschenke für einzelne Teilgruppen geben. Ich fände es daher vernünftig, zwar vom Verkehrswert auszugehen, aber großzügige, sechsstellige Freibeträge einzuführen. Damit fiele der ganze Verwaltungsaufwand weg, weil der Großteil der Erbschaften - also etwa Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser, aber auch Geldbeträge in dieser Höhe - nicht steuerpflichtig wäre.
Und wie sollen größere Vermögen behandelt werden?
Für große Vermögen soll die Erbschaftssteuer nach dem Verkehrswert bemessen werden - wobei wir den Wunsch haben, bei Betriebsübergängen eine Zahlungserleichterung nach britischem Vorbild zu schaffen. In Großbritannien wird bei der Vererbung eines Betriebes zwar eine Erbschaftssteuer festgesetzt, aber gestundet. Wenn der Betrieb im Familieneigentum bleibt, könnte ich mir vorstellen, dass die gestundete Summe über einen Zeitraum von 10 bis 30 Jahren immer geringer wird, bis sie schließlich bei Null steht. Wird ein Betrieb also nicht an Außenstehende verkauft, fällt überhaupt nie Erbschaftssteuer an.
Ein rechtliches Problem könnte es bei Ihrem Vorschlag allerdings geben, auf das auch der VfGH verweist: Selbst wenn man Grundstücke, Geldleistungen und Betriebsanteile bei Erbschaften gleichstellt, bliebe trotzdem eine Ungleichbehandlung. Der Grund dafür sind die Sparvermögen, die ja per Verfassungsbestimmung völlig von der Steuer befreit sind. Wenn man eine echte Gleichstellung will, müsste man wohl entweder sämtliche Vermögen von der Erbschaftssteuer befreien, oder auch Sparvermögen in die Erbschaftssteuer einbeziehen.
Warten wir doch ab, wie das Erkenntnis am Ende des Tages ausschaut. Sollte der VfGH wirklich dem Verfassungsgesetzgeber die Rute ins Fenster stellen, dann wäre das wohl heikel und würde weit über den Anlassfall hinausgehen.
Kommen wir zu einem anderen Steuerthema: Als Sozialminister Erwin Buchinger vor einigen Tagen die Wiedereinführung der Vermögenssteuer angeregt hat, kam von Ihrer Seite Ablehnung. Sie sagten, eine Vermögenssteuer trage immer "den Keim der Ungerechtigkeit" in sich. Was genau haben Sie damit gemeint?
Eines dabei vorweg: Wenn überhaupt, dann kann man nur Vermögenszuwächse und -erträge besteuern. Niemand, und auch kein ein Sozialpolitiker, möchte eine Substanzbesteuerung auf Vermögen einführen. Das wäre ja letztlich eine Enteignung. Wir stehen zur Unverletzlichkeit des Eigentums. Denn wenn ich große Vermögen pauschal mit 0,5 Prozent besteuern würde (Buchingers Vorschlag, Anm. d. Red.), dann hätte ich das Problem, dass ich beispielsweise ein Grundstück mit einer starken Wertsteigerung mit derselben Steuer belasten müsste wie ein Grundstück ohne Wertsteigerung, und dabei mitunter auch eine Substanzbesteuerung auslösen würde.
Das heißt aber, dass das, was landläufig unter "Vermögenssteuer" verstanden wird, von einer SPÖ-geführten Regierung sicher nicht eingeführt wird.
So ist es. Es war Ferdinand Lacina, der die Vermögenssteuer abgeschafft hat. Und das war richtig, weil es eine ungerechte Steuer war.
Thema Haushaltsrecht: Hier liegt seit Monaten ein von Experten gelobter Entwurf als Vier-Parteien-Einigung vor. Die SPÖ hat immer gesagt, dass man diese Reform problemlos nach der Wahl beschließen kann. Die ÖVP ist nach wie vor dafür, aber das neue Haushaltsrecht findet sich nicht im Regierungsprogramm. Warum nicht?
Wir haben uns im Regierungsprogramm auf etwas viel Weitergehendes verständigt. Wir wollen das Ergebnis des Konvents zur Staats- und Verwaltungsreform nicht aufgeben. Jetzt ist eine kleine Expertengruppe beauftragt, bis zum 30. Juni eine umsetzbare Reform auszuarbeiten, die beispielsweise Dinge wie Parlamentsrechte, Wahlrecht oder Neuverteilung von Aufgaben zwischen den Gebietskörperschaften umfasst. Da wäre mir als Finanzpolitiker natürlich recht, wenn es zu einer Zusammenführung von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung käme. Wenn das gelingt, dann wäre es auch leichter, dass sich jede Gebietskörperschaft jenes Haushaltsrecht macht, das sie für vernünftig hält. Und dann ist der Zeitpunkt gekommen, dass der Bund sich ein neues, modernes Budgetrecht gibt.
Habe ich das richtig verstanden? Die Voraussetzung für das neue Haushaltsrecht ist, dass vorher eine umfassende Staats- und Verwaltungsreform stattfindet? Das geht ja gar nicht anders. Außerdem möchte ich darauf verweisen, dass der eigentliche Kernteil, also jener Teil, der die Einführung von Globalbudgets und die Einführung von Leistungszielen für die Verwaltung bringen soll, ohnehin erst 2011 in Kraft getreten wäre. Dieses Ziel bleibt weiterhin aufrecht. Und was jenen Teil betrifft, der bereits heuer in Kraft treten hätte sollen, also die vierjährige, vorausschauende Finanzplanung: Diesen Teil erfüllen wir bereits im Regierungsprogramm. Dort haben wir in Wirklichkeit durch Kassasturz und Adaption diesen Vier-Jahres-Plan bereits vorgelegt.
Eine Nachfrage zur Verwaltungsreform: Sie sagen, sie wollen Aufgaben- und Ausgabenverantwortung der Gebietskörperschaften zusammenführen. Die meisten Experten haben sich aber für eine Zusammenführung von Einnahmen- und Ausgabenverantwortung ausgesprochen. Der Hintergedanke dabei ist, dass ein Landeshauptmann, der selbst von seinen Bürgern für teure Vorhaben Steuern einheben müsste, mehr Anreiz zur Sparsamkeit hat, als wenn er - wie derzeit - das Geld einfach vom Bund überwiesen bekommt.
Wenn die Geldmittel der Länder im Finanzausgleich klar als fixe Anteile am Steueraufkommen geregelt sind und auch klar ist, dass die Länder aus diesen Mitteln für eigene Vorhaben aufkommen müssen, dann brauche ich keine Einnahmenverantwortlichkeit der Länder. Für einen so kleinen Wirtschaftsraum wie Österreich wäre es von Nachteil, wenn jede Gebietskörperschaft ihre eigenen Steuern festsetzen könnte.
Sie haben einmal gesagt, sie wurden Steuerberater, weil der junge Marxist wissen wollte, wo der Mehrwert verbucht wird. Ist der jetzige Finanz-Staatssekretär eigentlich auch noch Marxist?
Um da ein Missverständnis auszuräumen: Ich habe mich schon als Schülervertreter zur Sozialdemokratie als politischer Heimat bekannt. Der Marxismus-Hinweis bezog sich nur auf den Analyseteil; auf jenen Teil des Karl Marx, der trotz Missbrauchs seiner Ideen insbesondere durch den sowjetischen Kommunismus auch heute noch Gültigkeit hat. Dabei geht es um die ökonomische Analyse, die versucht, Gesetzmäßigkeiten der Marktwirtschaft und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft darzustellen.
Waren Sie jetzt jemals ein Marxist oder nicht?
Ich habe mich immer als Sozialdemokrat bezeichnet.
Das muss kein Widerspruch sein.
Muss es nicht. Aber das Wort Marxist ist mit einer Fülle von Attributen aufgeladen, die nichts mit dem eigentlichen Marxismus zu tun haben. Und die Kommunisten und Maoisten habe ich immer abgelehnt.
+++ Zur Person: Christoph Matznetter