Mitterlehner will mehr Befugnisse für Wettbewerbsbehörde. | Versorger: "In der Gaskrise waren alle dankbar für die vollen Speicher."
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Wien. Die hohen Gaspreise sind Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner ein Dorn im Auge: In Österreich gebe es unter den Anbietern zu wenig Wettbewerb, deshalb sind die Preise im internationalen Vergleich zu hoch, sagte er am Freitag. Mehrere Anbieter haben seit Jahresbeginn die Preise im zweistelligen Prozentbereich angehoben, darunter die Wien Energie (plus 16 Prozent) und die EVN (plus 13 Prozent).
Ein Berliner Gaskunde zahle für die gleiche Gasmenge fast 500 Euro weniger als ein Wiener, so Mitterlehner. Er will deshalb mehr Ermittlungsbefugnisse für die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). Diese soll per Bescheid Auskünfte verlangen und Sanktionen durchsetzen können - ein Vorschlag dazu sei "in Ausarbeitung", so Mitterlehner.
Sollten auf dem Gasmarkt tatsächlich Marktmissbrauch oder wettbewerbswidrige Absprachen vorliegen, könnte die BWB diese allerdings schon jetzt verfolgen. Ermittlungen im Gasbereich würden "nicht ausgeschlossen", verlautet aus der Behörde lediglich. Womöglich handle es sich aber auch um ein "gesamteuropäisches Thema".
Mitterlehner ruft überdies die Opposition auf, im Parlament rasch das Gaswirtschaftsgesetz (GWG) 2011 zu beschließen. Dieses soll mehr Wettbewerb ermöglichen, dem Konsumenten neue Rechte - etwa einen rascheren Anbieterwechsel binnen drei Wochen - einräumen und die Kontrollbefugnisse des Energieregulators E-Control aufwerten.
Private zahlen mehr
Die Anbieter würden den Haushaltskunden überteuerte Preise verrechnen, während große Industriekunden - die notfalls anderweitig zukaufen könnten - günstigere Tarife erhalten, sagt E-Control-Gasexperte Michael Schmöltzer zur "Wiener Zeitung". Die Versorger sicherten sich so höhere Margen: Sie begründen Preiserhöhungen mit der Koppelung des Gaspreises an den Ölpreis, während sie von den derzeit viel günstigeren Spotmarktpreisen (quasi beim Spontaneinkauf) profitieren.
Österreichs Energieversorger reagieren sauer auf die Vorwürfe: Die E-Control wisse genau, dass langfristige Abnahmeverträge mit den Gasproduzenten - allen voran der russischen Gazprom - bestehen, aus denen die Versorger nicht ausweichen können. Sich darauf zu verlassen, dass jederzeit billiges Spotgas verfügbar ist, wäre höchst riskant. "Bei der Gaskrise waren alle dankbar, dass Österreichs Versorger große Gasmengen eingespeichert hatten", so ein Sprecher. Mehr Wettbewerb scheue man nicht.
Die E-Control erwartet, dass mit dem GWG vermehrt Anbieter aus dem Ausland kommen würden. Seit einigen Wochen buhlt mit Goldgas ein deutscher Gasdiskonter um österreichische Kunden.