Konzernchefs verdienen bis zum 400-Fachen ihrer Angestellten. | Berlin. Im Moment scheint es eine Sünde zu geben, die schlimmer ist als Neid: Der Bezug von Spitzengehältern in den Managementetagen. Das finden jedenfalls 83 Prozent der Deutschen laut einer Emnid-Umfrage. Sogar die Unternehmerschaft zeigt Nachdenklichkeit. Dieter Hundt, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), hat in dieser Woche eingeräumt, dass auch die Wirtschaft den Unmut in der Bevölkerung ernst nehme.
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Der Unmut ist mehr als verständlich: Die astronomischen Gehälter stehen oft in keinem vernünftigen Verhältnis zur Leistung, ja steigen mitunter selbst bei Flops und Pleiten (siehe DaimlerChrysler). Verdiente ein Konzernchef vor acht Jahren etwa 30 mal so viel wie seine Mitarbeiter, explodierte der Faktor inzwischen auf bis zu 400.
So wurde Hartmut Mehdorn, Chef der Deutschen Bahn, unlängst kritisiert, weil er als Bezieher eines Jahreseinkommens von drei Millionen Euro den Lokführern ein Einstiegsgehalt von 1970 Euro im Monat zumute. Doch im Vergleich mit dem Einkommen des RWE-Chefs Harry Roels (7 Millionen) nimmt sich Mehdorns Salär bescheiden aus.
Spitzenreiter Wedekind
Der Frontmann des rheinischen Energieriesen kann seinerseits nur neidisch auf Josef Ackermann mit den 13,2 Millionen Euro blicken, welche die Deutsche Bank ihrem Chef jährlich zukommen lässt. Und schließlich wird auch Ackermann noch getoppt: von Porsche-Chef Wendelin Wedeking, der es immerhin auf ein Jahressalär von 60 Millionen Euro bringt.
Zwar führt Ackermann sein Unternehmen erfolgreich, verfügt aber über das politische "Feingefühl", mit schweizerischem Strahlemannlächeln gleichzeitig Massenentlassungen von 10.000 Mitarbeitern und Erhöhung der Managementvergütungen zu verkünden. Damit löste er eine beispiellose Welle des Zorns in der Öffentlichkeit aus, die selbst Bundespräsident Horst Köhler auf den Plan rief, der eine "Kultur der Mäßigung und des Vorbilds in den Führungsetagen" der Unternehmen vermisste.
Im chronisch missgelaunten Deutschland ist es leicht, eine Neiddebatte zu entfachen. Schon Ex-SPD-Chef Franz Müntefering brach die "Heuschrecken-Debatte" vom Zaun (gegen Investmentfonds). Sein Nachfolger Kurt Beck setzte in dieser Woche eine SPD-Arbeitsgruppe ein, wie man den schier bodenlosen Schlund der Manager stopfen könne. So wird eine "Superreichen-Steuer" überlegt; Abfertigungen für Manager will man nicht länger als Betriebsausgaben von der Steuer abschreiben lassen. Nur in einem ist man sich mit der Union einig: Einen gesetzlichen Höchstlohn wird es nicht geben.