Zum Hauptinhalt springen

Höhere Sterberate erfordert ein Stopp der Vermarktung

Von Alexandra Grass

Wissen
Der Wirkstoff Aprotinin wurde bei Herzoperationen eingesetzt. Foto: ap

Nebenwirkungen waren schon länger umstritten. | Seit 2001 Blutfettsenker Lipobay nicht mehr auf dem Markt. | Wien. Nachdem eine kanadische Arzneimittelstudie Hinweise auf ein erhöhtes Todesrisiko lieferte, hat der deutsche Pharmakonzern Bayer Schering den Verkauf des schon seit längerem umstrittenen Herzmittels Trasylol gestoppt.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Das Medikament mit dem Wirkstoff Aprotinin wurde bis dato bei Herzoperationen eingesetzt, um den Blutverlust einzudämmen. Seit 1993 ist Trasylol zugelassen. Seit Anfang 2006 waren Hinweise auf ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko gegeben, erklärte das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel (BfArM) und verwies auf drei Studien.

Die in Kanada durchgeführte Untersuchung war deswegen zuletzt abgebrochen worden. Bayer will die Vermarktung so lange aussetzen, bis die endgültigen Ergebnisse der Studie vorliegen und analysiert worden sind, hieß es. Danach soll das Nutzen-Risiko-Profil von Trasylol neu bewertet werden.

Weltweit fünf Millionen Patienten behandelt

Mit dem Mittel hat Bayer in den ersten neun Monaten des Jahres weltweit 93 Millionen Euro umgesetzt. Im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen damit 153 Millionen Euro Umsatz verzeichnet. Fünf Millionen Patienten sind bisher behandelt worden. Die Nebenwirkungen waren schon länger umstritten.

Mehr als 100 Tote durch Lipobay vermutet

Trasylol ist nicht das erste Medikament, das Bayer vom Markt nehmen musste. Vor sechs Jahren war dies der Blutfettsenker Lipobay - damals ein Kassenschlager. Das Präparat wurde mit dem Tod von mehr als 100 Menschen in Verbindung gebracht. Bayer war mit Klagen konfrontiert worden und zahlte für deren Beilegung - großteils durch Versicherungen abgedeckt - mehr als eine Milliarde Euro. Auch bei Trasylol gibt es bereits erste Klagen. Die wirtschaftliche Bedeutung des Präparats ist für den Konzern aber geringer.

Trasylol bedeutet für Bayer allerdings den zweiten Rückschlag innerhalb weniger Tage. Erst in der Vorwoche hatte das Unternehmen mitgeteilt, aufgrund neuer Studienergebnisse keinen Zulassungsantrag für eine höhere Dosierung des Multiple-Sklerose-Mittels Betaferon zu stellen. Bayer hat daher im dritten Quartal Wertberichtigungen von 152 Millionen Euro vorgenommen.

Das Pharmaunternehmen setzt nun auf seinen Hoffnungsträger Nexavar zur Behandlung von Krebs. Das Nierenkrebsmedikament, das erst jüngst in Europa auch die Zulassung für die Behandlung von Leberkrebs erhalten hat, konnte den Umsatz im Quartal verdoppeln.

Unternehmen setzt auf Krebsmittel Nexavar

Sollten weitere Indikationen wie Lungen- und Brustkrebs hinzukommen, könnte das Medikament nach Bayer-Schätzungen sogar einen Jahresumsatz von mehr als zwei Milliarden Euro erreichen.

Auch mit Betaferon und der Verhütungspille Yasmin kann Bayer punkten. Dank guter Geschäfte in der Gesundheitssparte verzeichnet das Unternehmen im dritten Quartal deutlich mehr Umsätze. Tiefe Einschnitte gab es im Kunststoffgeschäft - ein Sparprogramm ist geplant.