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Höheres Erbe für Pflege?

Von Stephanie Dirnbacher

Wirtschaft
Das Pflegeproblem soll in der Familie gelöst werden. Foto: bilderbox

Diskussion über Ausgleich für Pflegeleistungen von Angehörigen. | Keine Zuwendung nach der Scheidung. | Wien. Über einen interessanten Anreiz zur Pflege naher Verwandter dachten Experten beim diesjährigen Österreichischen Juristentag nach: Jemand, der einen Angehörigen gepflegt hat, soll nach dessen Tod auch etwas dafür bekommen.


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Dieser Vorschlag wird derzeit in Deutschland debattiert, um die Pflege innerhalb der Familie zu fördern. Dabei ist laut Christiane Wendehorst, Professorin und Zivilrechtsexpertin an der Universität Wien, vor allem die Bewertung der Pflegeleistungen schwierig.

Beim Österreichischen Juristentag stieß das Modell aus dem Nachbarland auf wenig Gegenliebe. "Die Frage ist, ob das Erbrecht das richtige Feld ist, um einen Ausgleich von Pflegeleistungen zu schaffen", gibt Rechtsanwältin Elisabeth Scheuba zu bedenken. Notar Christoph Beer glaubt, "das wir dieses Modell in Österreich wahrscheinlich nicht benötigen werden".

Diskussionsstoff lieferte auch die Erbberechtigung von geschiedenen Ehegatten. Bisher ist es so, dass ein Testament auch nach einer Scheidung aufrecht bleibt. Die Konsequenz: Wer sein Testament nach der Scheidung nicht abändert, könnte möglicherweise ungewollt den geschiedenen Gatten zum Alleinerben machen. Die Experten beim Juristentag plädierten daher bei einer Scheidung für eine automatische Aufhebung jener Verfügungen, die den Ehegatten betreffen. Wer trotz Trennung seinen ehemaligen Partner beim Erbe bedenken will, müsste ein neues Testament aufsetzen.

"Der reformbedürftigste Teil" des Erbrechts ist für den emeritierten Zivilrechtsprofessor Rudolf Welser das Anrechnungsrecht. Hier geht es darum, welche Verfügungen des Erblassers vor dem Tod bei der Berechnung des Pflichtteils hinzugerechnet werden. Der Pflichtteil räumt gewissen nahen Angehörigen wie zum Beispiel Kindern und Ehegatten einen Anspruch auf einen Teil des Erbes ein, selbst wenn sie nicht im Testament bedacht wurden.

Wenn der Erblasser nun kurz vor seinem Tod seinem Sohn ein Haus schenkt, so muss der Wert des Hauses dem Nachlass hinzugerechnet werden, damit die Pflichtteilsansprüche dadurch nicht geschmälert werden können.

Jedoch gibt es in diesem Bereich viele Schlupflöcher, erklärt die Zivilrechtsprofessorin Wendehorst. Würde der Erblasser etwa Dritte - zum Beispiel die Gattin seines Sohnes - begünstigen, wird die Zuwendung nur dann dem Erbe hinzugeschlagen, wenn sie binnen zwei Jahren vor dem Tod erfolgte. Diese Lücken müssten eliminiert werden.