"Zurück in die Steuerehrlichkeit" lautet der Slogan für die von Finanzminister Karl-Heinz Grasser angekündigte Steueramnestie. Erwartungen über das Volumen an hinterzogenen Steuergeldern, das damit eingespielt werden soll, wollte der Finanzminister nicht äußern. Die "Wiener Zeitung" hat Steuerberater aus renommierten Kanzleien dazu befragt, wie wirksam und wie fair sie die geplanten Maßnahmen einschätzen.
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"Der ehrliche Steuerzahler fühlt sich vielleicht nicht fair behandelt", weist Johannes Mörtl von Pricewaterhousecoopers auf den moralischen Aspekt hin, denn die Steuerhinterzieher sollen nur 40% der hinterzogenen Abgaben zahlen müssen (siehe unten). An dieser Quote übte gestern der SP-Budgetsprecher Christoph Matznetter Kritik: Das sei, wie wenn ein Dieb in ein überfallenes Geschäft zurückgehen könne, 40% zurückgebe und den Rest behalten dürfe.
Bei Pricewaterhouse sei man der Ansicht, dass Generalamnestien nicht sinnvoll sind, weil sie die Steuermoral nicht heben. "Ich glaube, dass die Leute, die bisher das Risiko der Steuerhinterziehung auf sich genommen haben, zwar vielleicht zahlen werden, aber künftig womöglich trotzdem wieder Steuern hinterziehen", meint Mörtl. Es gebe andere Möglichkeiten, um die Entrichtung von Steuern attraktiver zu machen meint Mörtl und führt als Beispiel die Idee einer EU-weiten Vorsteuerabzugsfähigkeit für Häuselbauer an. Was der Finanzminister vorhabe komme dem Prinzip "Zuckerbrot und Peitsche" gleich, denn neben der Amnestie wurden auch strengere Steuerprüfungen angekündigt. Außerdem soll die Kapazität der Steuerprüfer von 2.000 auf 2.300 aufgestockt werden, das Finanzstrafrecht verschärft und der "normale" Prüfungszeitraum von derzeit 3 auf 5 Jahre verlängert werden.
"Jene, die nicht zahlen, werden sich überlegen, wie hoch das Risiko ist, dass sie erwischt werden", bringt Stefan Haslinger von KPMG die Überlegungen der Steuersünder auf den Punkt. Über die mögliche Höhe der Einzahlungen von reuigen Steuersündern, wollten die Steuerberater keine Prognose wagen. "Bei der großen Steueramnestie 1983 waren es jedenfalls viel weniger als erwartet", erinnert sich Mörtl.
Auch in Italien und Deutschland wurden Steueramnestien beschlossen, allerdings auf andere Art und Weise: "Dort zielt man darauf ab Privatkapital ins Land zurück zu bekommen. Es geht um Steuerflüchtlinge, die ihr Kapital im Ausland veranlagt haben", erklärt Haslinger.
In Italien ist wirklich Kapital zurückgeflossen, in Deutschland wurden die Maßnahmen erst mit Jahresbeginn eingeführt. Dort können Steuersünder seit 1. Jänner 2004 bis zum 31. März 2005 straffrei Schwarzgeld offen legen und es zu einem Satz versteuern, der unter dem normalerweise geltenden Tarif liegt. Der deutsche Finanzminister rechnet dadurch mit zusätzlichen Einnahmen von 5 Mrd. Euro.