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"Zusatzangebot", weil Tierhalter ein solches wünschen? | Wer hält Ärzte an Uni-Klinik zu solchen Empfehlungen an? | Wien. Am vergangenen Wochenende demonstrierten 400 Mitglieder der Merseyside Skeptics Society
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in Liverpool, Manchester, Glasgow, London, Leicester, Edinburgh und Birmingham eindrucksvoll, wie Homöopathie wirkt. Vor den Vertriebsstellen des größten britischen Erzeugers von Homöopathika, Boots, schluckten sie pro Kopf jeweils hunderte Globuli - mit dem zu erwartenden Ergebnis, dass rein gar nichts geschah. Denn bei Skeptikern funktioniert der Placeboeffekt der Milchzucker-kugerln einfach nicht.
Offener Brief
Ebenso wirkt Homöopathie bei Tieren - auch wenn immer mehr Tierärzte sie anbieten, weil die Besitzer "das wollen", wie manche sagen. Erich Eder, Lehrbeauftragter an der Fakultät für Lebenswissenschaften an der Uni Wien und Vizepräsident der Gesellschaft für Kritisches Denken (GWUP) Wien, wollte das nicht. An der Veterinärmedizinischen Universität (VetMed) Wien hatte er diesbezüglich jüngst ein Erlebnis anderer Art, wie er in einem offenen Brief an deren zuständige Magnifizienzen Werner Waldhäusl und Peter Swetly schrieb.
"Am Wochenende brachte ich meinen Kater wegen plötzlich aufgetretener obstruktiver Uropathie in die Notfallambulanz der VetMed. Er bekam einen Katheter sowie die für solche Erkrankungen üblichen schmerzstillenden und krampflösenden Medikamente bzw. Infusionen. Am Montag rief mich der diensthabende Arzt an, um mir von der Besserung der Symptome zu berichten - gleichzeitig aber, um mir für meinen Kater eine homöopathische Behandlung anzubieten." Eder glaubte zunächst, sich verhört zu haben. Seine Gründe:
"An einer Universitätsklinik erwarte ich die Behandlung nach dem state of the art und nicht nach einem seit 200 Jahren unveränderten, lediglich medizinhistorisch interessanten, unwissenschaftlich-magischen Konzept. Auf meine Nachfrage, wie er auf die Idee komme, mir so einen Unsinn anzubieten, stimmte der Arzt meiner Einschätzung im Prinzip zu, meinte aber, er und seine KollegInnen seien "angehalten", den Tierbesitzern diese Behandlung anzubieten. Angehalten? Von wem? Und wozu? Um die Kosten (insgesamt 776 Euro) noch zu erhöhen? Für eine Scheinbehandlung ohne Wirkung? An einer Universitätsklinik?"
USA: Nicht zugelassen
Unter Bezugnahme auf den Eid, den die Adressaten geleistet haben - "sich in Ihrem Fachgebiet fortzubilden und auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu halten" - zitiert Eder eine Vielzahl von Publikationen, die diesen bekannt sein müssten. "Aus diesen geht nicht nur hervor, dass Homöopathie wirkungslos ist, sondern auch klar, warum dies so ist: Sie widerspricht physikalischen Grundgegebenheiten. Die WHO hat im Vorjahr die Gesundheitsminister aller Länder vor Homöopathie gewarnt und an sie appelliert, die Förderung der Homöopathie bei lebensbedrohlichen Krankheiten zu bekämpfen. In den USA ist Homöopathie von der FDA nicht als veterinärmedizinische Behandlung zugelassen. An Ihrer Universität (!) wird sie angeboten. Was kommt als Nächstes? Wünschelruten, Pendel, Heilsteine? Tier-Astrologie an der VetMed?"
Insofern verlangt Eder von Waldhäusl und Swetly nun, "medizinisch-wissenschaftliche (und nicht wirtschaftlich oder anhand von Meinungsumfragen) zu begründen, warum an Ihrer Universität eine dem Stand der Wissenschaft nicht entsprechende und nachweislich nicht über den Placeboeffekt hinaus wirkende pseudomedizinische Methode praktiziert wird".
Kein Placeboeffekt
Eders Kater geht es inzwischen übrigens wieder gut - ohne Homöopathie. Und er schließt: "Wäre ich so naiv gewesen und hätte der homöopathischen Behandlung zugestimmt, so gehörte ich heute wohl zu jenen zahlreichen Befürwortern, die sagen: Es hat sogar bei meinem Haustier geholfen, und da gibt es ja keinen Placeboeffekt...!"
Der Wissenschafter hat diesen Brief, zu dem es zahlreiche Reaktionen gibt, auf www.scienceblogs.de veröffentlicht. Auf eine Antwort wartet er noch.