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Honorar-Ordnungen im Kreuzfeuer der Kritik

Von Heinz Krejci

Wirtschaft

Verstoß gegen den freien Wettbewerb. | Ein Schutz vor | Ausbeutung? | Marktpreise | würden auch die | Gehälter von | Anwälten regulieren. | Wien. Seit erheblicher Zeit stehen die überkommenen freiberuflichen Honorar-Ordnungen im Kreuzfeuer der Kritik. Sie werden längst als wettbewerbsrechtswidrig kritisiert.


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Seit dem Jahre 2000 erörtert die Kommission der Europäischen Gemeinschaft die Frage der Gebühren- und Honorar-Ordnungen der freien Berufe im Lichte des europäischen Wettbewerbsrechts. Die Demontage der Honorar-Ordnungen freier Berufe ist inzwischen voll im Gange.

Erkennt man, dass die grundrechtlich gesicherte Eigentumsfreiheit, die Erwerbsfreiheit und die Vertragsfreiheit als Grundpfeiler einer Marktwirtschaft nahelegen, dass die Privatrechtssubjekte sowohl bei der Gestaltung ihrer Leistungsangebote als auch bei den dafür geforderten Gegenleistungen ebenso wie bei der Wahl der Vertragspartner frei sein sollen, dann bedarf es rechtlicher Gründe, wenn dies in bestimmten Fällen - etwa bei den freien Berufen - insbesondere im Hinblick auf die Preisbildung für die zu erbringenden freiberuflichen Leistungen anders sein sollte.

Saftige Preise in der Not

Einst hing das Anliegen, freiberufliche Honorare besonders zu regeln, mit der Vorstellung zusammen, dass freiberufliche Tätigkeiten ausschließlich fremdnütziges, ehrenamtliches Handeln im öffentlichen Interesse darstelle. Ein Honorarverbot sollte vor Ausbeutung desjenigen schützen, der auf die in Aussicht gestellte Leistung dringend angewiesen ist wie etwa der Kranke auf ärztliche Hilfe. Denn in solchen Situationen sind die Betroffenen nur allzu leicht bereit, Überpreise zu zahlen.

Der Gesetzgeber hat sich längst von solchen strengen Entgeltverboten verabschiedet. Freiberufliche Honorar-Ordnungen haben in der Folge auf weitaus milderem Wege ein vergleichbares Anliegen verfolgt.

Es wurden entweder zwingend Festpreise angeordnet oder aber Höchstpreise festgelegt. Die Kunden sollten vor der Gefahr überhöhter Preise geschützt werden. Zugleich sollte das Ansehen des freien Berufs nicht darunter leiden, dass manche seiner Angehörigen möglicherweise der Versuchung nicht widerstehen könnten, ihre Verhandlungsübermacht in missbräuchlicher Weise zum eigenen Vorteil auszunutzen.

Die Anordnung von Mindestpreisen verfolgte demgegenüber andere Ziele. Die Konkurrenz unter den Angehörigen eines freien Berufs sollte nicht dazu führen, dass es unter Umständen zu für das freiberufliche Unternehmen ruinösen Honorar-Unterbietungen kommt. Solchen Entwicklungen steht schon allein das Gebot nach einem fairen Wettbewerb entgegen, der existenzvernichtende Preiskämpfe verpönt.

Kartellrechts-Verstoß

Solche zwingenden Honorar-Ordnungen, die Fest-, Mindest- oder Höchstpreise für bestimmte freiberufliche Dienstleistungen vorschreiben, sind kartellrechtswidrig und überdies verfassungsrechtlich bedenklich, sofern es keine öffentlichen Interessen gibt, deretwegen solche Preisvorschreibungen geboten erscheinen. Auch bloß empfehlende Honorar-Ordnungen sind grundsätzlich kartellrechtswidrig, sofern sie Fest-, Mindest- oder Höchstpreise für bestimmte freiberufliche Dienstleistungen vorschreiben.

Zulässig ist die Empfehlung von Kalkulationsgrundsätzen und -richtlinien zur Berechnung von Entgelten für freiberufliche Dienstleistungen, wobei keine bestimmten Beträge genannt werden dürfen.

Wird davon abgesehen, eine Honorar-Ordnung beizubehalten oder eine neue zu erlassen, so stellt sich die Frage, was im Hinblick auf die Entgeltgestaltung an ihre Stelle tritt.

Da es berufs- und standesrechtlich bedenklich erscheint, wenn die Berufsangehörigen ihre Freiheit nützen, um möglichst hohe Preise zu fordern, und es überdies für den gesamten Berufsstand nicht minder störend wäre, wenn der Wettbewerb unter den Berufsangehörigen zu existenzbedrohenden Niedrigstpreisen führen würde, liegt es nahe, dass die Preise auch auf einem völlig freien Markt weder überhöht, noch auf eine die Berufsausübung gefährdende Weise zu niedrig sein sollen. Sie sollten sich daher in einer Bandbreite bewegen, in der das geforderte Entgelt noch als für beide Seiten "angemessen" angesehen werden kann.

Honorar am freien Markt

Das angemessene Entgelt orientiert sich an bestehenden Marktpreisen beziehungsweise üblichen Beträgen. Fehlt es an solchen Orientierungshilfen, ist das angemessene Entgelt am für die Leistung erforderlichen Aufwand unter Beachtung der Umlegung von Zentralregien sowie einschließlich eines branchenüblichen Risiko- und Gewinnaufschlags zu berechnen.

Professor Heinz Krejci ist Vorstand des Instituts für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht an der Universität Wien. Ein ausführlicher Beitrag zu diesem Thema ist auch in der Österreichischen Zeitschrift für Wirtschaftsrecht erschienen.