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Horchposten: Selbstkritische Wissenschaft

Von Hermann Schlösser

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Wie man vorgestern Abend aus einem höchst informativen "Salzburger Nachtstudio" (Österreich 1) erfuhr, häufen sich in der Wissenschaft neuerdings die Irrtümer. Wobei der Begriff "Irrtum" vielerlei

bezeichnen kann: Vom simplen Messfehler, der sich bei allzu großer Arbeitshektik einschleicht, über die bewusste kleine Manipulation, mit deren Hilfe ein erwünschtes Resultat herbeigeschwindelt wird,

bis hin zu Plagiaten, veritablen Fälschungen und anderen kriminellen Handlungen.

Wie kommt es zu diesem auffälligen Einbruch des Unseriösen in die ehrenwerte "scientific community"? Darüber dachten ausgewiesene Experten bemerkenswert offen und selbstkritisch nach. Sie kamen zu

dem Schluss, dass vor allem der zunehmend härter werdende Kampf um Karrieren und Geldmittel für die Verrohung der wissenschaftlichen Sitten verantwortlich sei. Zugleich befürchteten sie, dass die

Tendenz zur Spezialisierung effiziente Kontrollen verhindere: Wenn ausschließlich die engsten Fachkollegen imstande sind, bestimmte Forschungsergebnisse zu bewerten, wird es immer schwieriger,

Gutachter zu finden, die den Namen "unabhängig" verdienen.

Trotzdem waren die befragten Professoren nicht bereit, die Missstände ihrer Zunft auf sich beruhen zu lassen. Dieter Simon, Präsident der berlin-brandenburgischen Akademie der Wissenschaften,

benannte das Gegengift gegen alle Fehlleistungen: "Skepsis, Vorsicht und Prüfung", so sagte er, "ist das Gebot der Zeit." Das aber gilt nicht nur im Bereich der Wissenschaften.