Dienstag mittag startete der Jahreskongreß der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) in Kitzbühel: Verliehen wurde der Reinhard-Galler-Tourismuspreis, die Vizepräsidentin der | Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und Sacher-Chefin Elisabeth Gürtler referierte über das "Netzwerk Tourismus", Nationalbank-Vorstandsdirektor Peter Zöllner über den Euro · und Wirtschaftsminister | Hannes Farnleitner gab Impulse für die Zukunft der heimischen Tourismus- und Freizeitwirtschaft.
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"Hören's mir auf mit Nächtigungen und Umsatz, ich möchte zuerst Ertragszahlen der Betriebe sehen", relativiert Farnleitner die allseitige Freude über die 1998 um 1,8% auf 111 Millionen gestiegenen
Nächtigungszahlen und die um 5% auf 194 Mrd. Schlling gestiegenen Umsätze im Tourismus. "Die Zukunft hat keine Saison", sagt der Wirtschaftsminister, das Urlaubs- und Freizeitverhalten hätte sich
grundlegend geändert, die Zeiten, in denen sich Tourismusbetriebe Zwischensaisonsperren leisten konnten, müßten vorbei sein. "Ganz Europa" habe im Zuge der österreichischen EU-Präsidentschaft "über
Österreichs Hotels gelacht", weil da und dort Kreditkarten nicht akzeptiert wurden. Dabei hätte es in Europa vorteilhafte Entwicklungen für den Tourismus gegeben: Das Schengener Abkommen und der
Eintritt in das Euro-Zeitalter hätten einen "großen Binnenmarkt für Tourismus" ohne kompetitive Währungsabwertungen und Grenzaufenthalte geschaffen. Farnleitner ortet auch eine Trendwende in der
europäischen Sozialpolitik: "Mehr cash in den Taschen der Durchschnittsverdiener wird auch mehr Gäste bringen". Mit der Osterweiterung öffne sich ein Markt mit 100 Millionen Menschen, Umfragen hätten
ergeben, daß jeder zweite der potentiellen Gäste aus den Reformstaaten Ersturlaub in Österreich machen möchte, darüber dürfe man aber auch den Heimatmarkt nicht vergessen. Ein Erfolg in Sachen
Steuerreform sei erreicht, die Energiesteuer, die auch die Hotellerie und die Gastronomie getroffen hätte, sei gefallen.
Angestrebt werden müßten steuerliche Erleichterungen bei Betriebsübergaben, Incentives in Sachen Eigenkapitalverzinsung sowie Freibeträge für Aus- und Weiterbildung. Mehr Mobilität fordert
Farnleitner und einen neuen Unternehmergeist, der Österreich zum Urlaubs- und Freizeit-Trendsetter macht. Tourismuspolitik müsse aber auch als "Deregulierung der Selbstregulierer" greifen,
Kollektivverträge abgeschlankt, Bürokratie gestrafft werden.
Die Strategie der Tourismusunternehmen, auf Qualität zu setzen, hätte Erfolg gezeitigt, sagte Gürtler. Der Tourismus sei wieder dynamisch geworden, nun gehe es um einen "Übergang zur
erlebnisorientierten Dienstleistungswelt", um attraktiv für Gäste zu bleiben. Bis 2000 rechnet Gürtler mit einem Devisenüberschuß aus dem Reiseverkehr in Höhe von 40 Mrd. Schilling, der die
Leistungsbilanz entlasten würde, "von den Arbeitsplätzen, die wir schaffen, gar nicht zu reden". Problematisch für die Branche seien die hohen Lohnnebenkosten, die Statistikbelastung und die hohe
Zahl an Urlaubstagen. Als "informelle Zusammenarbeit bei Wahrung der Unabhängigkeit und Individualität" der einzelnen professionellen "Gastgeber" wünscht sich Gürtler ein Tourismus-Netzwerk, das
"Dienstleistungsketten optimieren" helfe. Eine Studie habe ergeben, daß die Kooperationsdichte in Österreich lediglich 10% gegenüber 70% in den USA betrage. Zudem wären die Bedürfnisse der Gäste
stetem Wandel unterworfen, strategische Allianzen könnten die Attraktivität österreichischer Tourismusbetriebe erhalten helfen.
Mit der Einführung des Euro seien der Tourismuswirtschaft Vorteile wie niedriges Zinsniveau in Europa, geringer Inflationsdruck, Wegfall der Wechselkursrisken und eine absehbare Vereinheitlichung der
europäischen Kapitalmärkte erwachsen, erklärte Zöllner. Daraus ergeben sich bessere Möglichkeiten zur Eigenkapitalbildung wie auch einen billigeren Zugang zu Kapital. Das verfügbare Einkommen der
Menschen werde nach erfolgten Budgetkonsolidierungen in Europa wieder stärker steigen, ein Potential, das auch dem Tourismus zugute kommen werden.
Im Rahmen des ÖHV-Kongresses wurde am Dienstag auch der Reinhard-Galler-Tourismuspreis 1999 an den freien ORF-Mitarbeiter Alfred Koch für seine "Österreich 1 Tonspuren"-Sendung über "Heidiland"
vergeben. Mit sanfter Ironie wurde in der Radiosendung ein Beispiel von Destinationsmanagement der Schweizer Region Sargans vorgestellt.
Anerkennungen ergingen an die Kameraleute Claus Muhr und Michael Schlamberger für ihre "Heimat"-Bilder für die ORF-Familienredaktion. Der Preis wird vom Österreichischen Journalisten Club in
Kooperation mit dem ÖHV und dem Österreichischen Verkehrsbüro (ÖVB) vergeben und soll an den verstorbenen ÖVB-Chef, "einen visionären Weichensteller für den Tourismus" erinnern, wie ÖHV-Präsident
Helmut Peter sagte.