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Die Bedenken gegen die Hormonersatztherapie sind fast so alt wie die Behandlung selbst: Seit Jahren warnen Mediziner immer wieder vor schwerwiegenden Nebenwirkungen bis hin zu einem erhöhten Krebsrisiko. Doch ebenso regelmäßig wiesen andere Ärzte die Alarmrufe als unbegründete Panikmache zurück. Der Streit verunsichert Millionen Frauen, die zur Vorbeugung von Osteoporose und zur Bekämpfung von Klimakteriumsbeschwerden oft jahrelang Hormone verwenden.
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In Deutschland scheint sich das Blatt nun jedenfalls endgültig zu wenden: Das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte will die Anwendung der Hormontherapie massiv einschränken.
Auslöser ist der spektakuläre Abbruch einer US-Studie mit der Begründung, das Risiko für die Teilnehmerinnen sei zu hoch. Die Women's Health Initiative (WHI) hatte an rund 16.000 Frauen im Alter von 50 bis 79 Jahren die Wirkung einer Kombination aus Östrogenen und Gestagenen untersucht. Ursprünglich sollte die Untersuchung bis 2005 laufen, doch im Sommer 2002 wurde sie vorzeitig beendet.
Bei einer Zwischenauswertung zeigte sich, dass die behandelten Frauen zwar seltener an Darm- und Gebärmutterkrebs erkrankten und weniger Knochenbrüche erlitten. Doch zugleich erhöhte sich das Risiko eines Schlaganfalls um 41 Prozent, eines Herzinfarkts um 29 Prozent und von Brustkrebs um 26 Prozent. Auch Lungenembolien kamen häufiger vor.
Das deutsche Bundesinstitut fordert nun alle Hersteller solcher Hormonpräparate zu einer schriftlichen Stellungnahme auf. Zugleich verlangt die Bonner Behörde, die Arzneimittel nur noch dann zur Bekämpfung der Wechseljahrsymptome einzusetzen, "wenn die Beschwerden ausgeprägt sind". Die Dauer der Behandlung müsse so kurz wie möglich sein. Zur Vorbeugung der Osteoporose dürften die Hormone voraussichtlich gar nicht mehr eingenommen werden, da der Nutzen in keinem Verhältnis zum Risiko stehe. Außerdem müssten die Hersteller genauer als bisher die Risiken und Nebenwirkungen benennen.
Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe setzte inzwischen ein Expertengremium ein, um alle vorliegenden Studien zu analysieren und Konsequenzen zu ziehen. Nach einer ersten Bewertung raten die Fachärzte ebenfalls dringend von der Einnahme der Hormonpräparate zur Vorbeugung des Knochenschwunds ab. Denn dafür sei eine Langzeitbehandlung erforderlich, deren Risiken zu groß seien. Das Gremium unter Leitung des Lübecker Professors Olaf Ortmann empfiehlt zudem, die Therapie bei Patientinnen mit Klimakteriumsbeschwerden jedes Jahr neu zu überprüfen. Schon zu Beginn der Behandlung könne es zu Thrombosen kommen. Das Risiko von Erkrankungen der Gallenblase und des Gallenwegs sei unabhängig von der Dauer der Therapie erhöht.
Für all jene Frauen, die Schlafprobleme, Hitzewallungen, Schwindel und Depressionen erfolgreich mit Hormonpräparaten bekämpfen, sind das keine guten Nachrichten. Denn auch nach der US-Studie steht außer Frage, dass sich die belastenden Symptome der Wechseljahre am besten mit der Hormontherapie bekämpfen lassen. In letzter Zeit wurden allerdings manche Phytohormon-Präparate (auf pflanzlicher Basis) als eine Art Alternative propagiert.