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Hormonverabreichung nach der Menopause erhöht das Krebsrisiko. | Im angelsächsischen Raum Therapie, bei uns lediglich Substitution. | Washington/Wien. Mehr Herz-Kreislauf-Probleme (Schlaganfälle, Infarkte), mehr Brustkrebserkrankungen mit tödlichem Ausgang, erhöhte Mortalität aus allen Ursachen - damit müssen Frauen rechnen, die nach der Menopause eine Hormonersatztherapie mit kombiniertem Östrogen und Gestagen durchführen. Das geht aus der neuesten Auswertung der Women's Health Initiative-Studie (WHI) hervor, die am Mittwoch in der angesehenen US-Fachzeitschrift "Jama" publiziert wurde.
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Für den Hormon-Spezialisten Johannes Huber, Professor an der Wiener Medizin-Uni, sind diese Resultate keine Überraschung. Er führt sie darauf zurück, dass bisher "in den angelsächsischen Ländern Hormone als Therapie, egal ob Frauen Beschwerden haben oder nicht, und nicht wie bei uns zur Substitution verschrieben werden". Man sei dort bis jetzt "der irrigen Meinung" gewesen, man könne zum Beispiel das Herzinfarktrisiko niedrig halten, wenn man 70-jährigen Frauen, die gar keine Beschwerden haben, Hormone verabreiche.
In Kontinentaleuropa hingegen habe man gelernt, Hormone (vor allem Östrogen, Testosteron und Progesteron) nur als Substitution, wenn echte Beschwerden auftreten, zu verschreiben. Dieser Bedarf bestehe bei etwa 30 bis 40 Prozent der Frauen in den Wechseljahren - meist im Alter von Anfang 50 -, aber nur bei rund fünf Prozent der Frauen auch noch später. Solche meist vorübergehende Beschwerden seien vor allem Depressionen, Schlaflosigkeit, Hitzewallungen, Gelenkschmerzen und Unterfunktion der Schilddrüse. Diese zu behandeln sei notwendig und sinnvoll, aber meist eben nur in den etwa drei bis vier Jahren der Menopause, später nur noch bei wenigen, die es auch wirklich brauchen.
Werden lediglich Frauen mit Beschwerden hormonell behandelt, trägt das laut Huber, der sich dabei auf die "Nurses Health Study" beruft, zu einer Senkung der Mortalität bei, doch eine "Zwangsbeglückung" mit Hormongaben, wenn Frauen keine Beschwerden spüren, habe die gegenteilige Wirkung und sei "eine Dummheit", so Huber wörtlich: "Der eigene Körper ist der beste Arzt."
Seit 2002 Aufregung
Für die "Jama"-Publikation wertete nun ein Team um Rowan Chlebowski vom Harbor-UCLA Medical Center in Torrance bei Los Angeles aus der WHI-Studie die Daten von 12.788 Frauen nach einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von elf Jahren aus.
Bereits ab 2002 hatten erste Veröffentlichungen über negative Folgen der Hormon-Ersatztherapie international für Aufregung gesorgt und einen deutlichen Rückgang bei der Verwendung der Hormone gegen Wechselbeschwerden herbeigeführt. Jetzt wurden noch Mortalitätsstatistiken einbezogen, die Tendenz der bisherigen Ergebnisse hat sich bestätigt. Die Nachbeobachtung zeigte, dass bei den mit Hormonen behandelten Frauen um 25 Prozent mehr Fälle von invasivem Brustkrebs auftraten als in der Placebogruppe, die Todesrate unter ihnen erhöhte sich um 96 Prozent. Das Risiko, dass bei der Diagnose des Mammakarzinoms schon Lymphknoten befallen waren, lag um 78 Prozent höher. Die Todesrate aus allen Ursachen stieg nach einer Hormon-Ersatztherapie um 57 Prozent.
Alle diese Ergebnisse waren - so Rowan Chlebowski und seine Co-Autoren - statistisch signifikant. Sie stellen somit mit größter Wahrscheinlichkeit keinen Zufallsbefund dar.