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Hosny, verhinderte Stimme der Revolution

Von Alexander U. Mathé

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Ein ägyptischer Sänger wollte sich mit den Demonstranten am Tahrir-Platz verbrüdern. | Er scheiterte jedoch mit seinem Vorhaben.


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Musik kann in Zeiten der Revolution ein mächtiger Verbündeter sein. So hat etwa Ende 2004 in der Ukraine das Rap-Duo Greenjolly mit seinem Lied "Rasom nas bahato" (frei übersetzt heißt das so viel wie: "Gemeinsam sind wir stark") den Ärger des Volks in Ton und Wort gegossen und den Demonstranten so eine Parole gegeben, die ihnen Mut machte. Der Song wurde zur offiziellen Hymne der Orangen Revolution.

Auch bei der Jasmin-Revolution in Tunesien stand ein Mann an der musikalischen Front. "Herr Präsident, Ihr Volk stirbt", sang Hamada Ben Amor alias "El Général". Der 22-Jährige wurde zwar verhaftet, doch die Unzufriedenen in Nordafrika hatten eine Hymne für ihren Protest. Via Facebook, Youtube und Co. verbreitete sie sich und schon bald erreichte der arabische Widerstands-Rap Ägypten.

"Was ,El Général kann, kann ich auch", dachte sich wohl Tamer Hosny. Der Sohn eines Ägypters und einer Syrerin ist ein bekannter Sänger, der vor allem mit zwei Liedern Erfolg hatte, von denen einem allerdings der Beigeschmack von Plagiatsvorwürfen der deutschen Band Monrose anhaftet. Doch angesichts der ägyptischen Befreiungsbewegung ist dies ein vernachlässigbarer Faktor.

Also zog Hosny diese Woche aus, um die Herzen der Demonstranten des Tahrir-Platzes zu gewinnen. Blöd nur, dass die aufgebrachte Menge nicht vergessen hatte, dass der 33-jährige Kairoer sie zu Beginn des Aufstands via Staatsfernsehen aufgefordert hatte, ihre Proteste zu beenden. Eine Serie blutiger Auseinandersetzungen und mindestens 300 Tote später kam Hosnys plötzlicher Anbiederungsversuch bei der Menge nicht gut an. Sie jagte den Sänger davon - angeblich wurde er sogar geschlagen - und rief ihm noch ein "Er geht, wir bleiben!" hinterher, eine Parole, die bis dahin eigentlich nur für einen anderen Hosni skandiert wurde, nämlich Präsident Mubarak.

Er sei missverstanden worden, heulte ein sichtlich geknickter Tamer Hosny später in die Kamera. Er habe sich dafür entschuldigen wollen, dass er anfangs keine Ahnung von den "noblen Absichten hinter der Revolution in Ägypten" gehabt habe. Die Aufnahme amüsierte die Ägypter und machte ihn auf Youtube wahrscheinlich ebenso berühmt wie seinen tunesischen Kollegen, den General - wenn auch nicht ganz so beliebt.

Doch auf dem Tahrir-Platz davongejagt worden zu sein, wird nicht das Einzige sein, das Hosny Sorge bereitet. In den kommenden Tagen ist der Verkaufsstart seines neuen Albums angesetzt, in dem er die "Märtyrer des 25. Jänner" besingt. Das ist das Datum, an dem der Aufstand in Ägypten begann. Aufgrund mangelnder Glaubwürdigkeit dürften Hosnys sorgsam vorbereitete Revolutions-Lieder nicht zum Verkaufsschlager werden.