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Wie man gefälschte Hotelbewertungen auf Internetportalen erkennt.
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Wien/Berlin. "Das Zimmer sehr klein, teilweise renovierungsbedürftig und veraltet, kein Platz für Koffer! Essen katastrophal schlecht - wahrscheinlich kocht am Saisonende der Lehrling." Wer diesen Kommentar auf Hotelbewertungs- oder Buchungsplattformen wie HolidayCheck, HRS, Booking.com oder TripAdvisor liest, wird wohl kaum dieses Hotel buchen. Denn kaum ein Gast wählt eine Herberge, ohne vorher einen Blick auf die Meinungen im Internet geworfen zu haben. "Hotelbewertungen haben eine extreme Bedeutung im Kaufentscheidungsprozess", sagt Roland Conrady, Professor an der Fachhochschule Worms.
Wichtige Entscheidungshilfe
90 Prozent der Internetuser nutzen Bewertungsportale immer oder häufig als Entscheidungshilfe vor der Buchung eines Hotels oder einer Unterkunft, wie eine Umfrage der FH Worms im Auftrag der ITB (Internationalen Tourismusbörse) ergeben hat. Für 96 Prozent der Internetnutzer sind Kundenbewertungsportale "unerlässlich", "sehr wichtig" oder "wichtig". Allerdings sagt knapp die Hälfte der mehr als 1000 Befragten, dass die Meinungen mit Vorsicht zu genießen sind.
Gefälschte Hotelbewertungen gibt es - ähnlich wie Facebook-Fans - zu kaufen. Wie viele Bewertungen nicht von tatsächlichen Gästen stammen, sei nicht seriös zu beantworten, so Conrady. Die meisten Internetportale schätzen den Anteil der Fälschungen auf ein bis fünf Prozent.
Misstrauisch werden Internetnutzer, wenn Bewertungen stark von anderen abweichen und überschwängliches Lob oder Floskeln enthalten, die an Reisekataloge erinnern. "Kaum ein Urlauber wird Sätze wie ‚Die Hotelbar lädt zum Verweilen ein‘ schreiben", warnt der ÖAMTC. Findet sich der gleiche Satz über Suchmaschinen auf der Hotelwebsite oder in PR-Texten, stammt der Kommentar wohl nicht von einem echten Gast. Besonders schlechte Bewertungen können ein Indiz dafür sein, dass hier ein Mitbewerber am Werk war. Werden innerhalb eines kurzen Zeitraums besonders viele Kommentare abgegeben, die alle positiv oder negativ sind, deutet das auf Fake-Bewertungen hin, heißt es vom ÖAMTC.
Eine große Anzahl von Bewertungen für ein Hotel minimiert die Wahrscheinlichkeit einer Fälschung, so Conrady. Beschreibt der Bewerter eine konkrete Situation und lädt selbst gemachte Fotos oder Videos hoch, ist das ein Indiz für Authentizität. Ebenso handelt es sich wahrscheinlich um einen tatsächlichen Gast, wenn der Schreiber Informationen über sich selbst wie etwa sein Alter preisgibt und eine Kontaktmöglichkeit angibt.
Hotels nehmen Kritik ernst
Die Plattformen prüfen die abgegebenen Hotelbewertungen mithilfe einer Software, die fälschungsverdächtige Meinungen herausfiltert, bevor sie online gestellt werden. Bei Zweifeln an der Echtheit wird der Kommentar von einem Qualitätsteam geprüft.
In einem Test von 17 Portalen vergibt die FH Worms die besten Noten für Hotelinformationstiefe, Detaillierungsgrad der Bewertung und Manipulationsschutz an HolidayCheck und Opodo, gefolgt von Expedia, TripAdvisor und Ab-in-den-Urlaub.
Das Feedback nutzen viele Hoteliers für Verbesserungen, auf einigen Portalen können die Betriebe auch selbst Stellung nehmen. Sind negative Bewertungen offensichtlich gefälscht, dauere es aber zum Teil zu lange, bis diese von der Plattform genommen werden, kritisiert die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV).
"Gäste sollen konkret kritisieren, was sie beim Aufenthalt gestört hat, und das Hotel nicht pauschal schlechtmachen", wünscht sich Marion Schumacher von der Schweizer Hotelkette Mövenpick Hotels & Resorts, bei einer Podiumsdiskussion auf der ITB. Sie erzählt von einer vernichtenden Kritik eines Gastes, der sich über eine erlittene Lebensmittelvergiftung beschwerte. Nur: Er hatte niemals im Hotel gegessen.