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Ein perfekt inszenierter Internet-Auftritt. | Studenten rufen zur Revolution der Avatare auf. | "Man sollte wie damals auf die Straße gehen". | Wien. Es war Donnerstagnamittag und Alexander M. erhielt die Nachricht auf seinem Handy per SMS: "Audimax ist besetzt". Die Nachricht breitete sich aus wie ein Lauffeuer. Was mit einem SMS begann, endete am Montag mit einer perfekt eingerichteten Homepage: http://unibrennt.at.
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Die Studierenden stellten eine perfekte PR-Maschinerie auf die Beine. Nie zuvor wurde in Österreich ein Streik über so vielfältige neue Kommunikationsmittel organisiert:
* Eine Facebook-Gruppe wurde eingerichtet. Am Montag (12.30 Uhr) gab es bereits 8400 Fans.
* Live-Stream ermöglicht es allen, die nicht vor Ort sein können, die Studenten bei der Besetzung zu sehen.
* "Wiki" gibt - alphabetisch geordnet - eine Übersicht, was wo bei dem Streik geschieht.
* In Arbeitsgruppen wird überlegt, was man an den Unis verbessern kann. "Wiki" gibt Übersicht, was bisher erreicht wurde.
* Eigene Foren wurden eingerichtet, in denen alle User mitdiskutieren können.
* Eine eigene Pressestelle wurde geschaffen.
* Eine große Anzahl an Menschen wird via Twitter erreicht. Angemeldete Benutzer können eigene Textnachrichten mit maximal 140 Zeichen eingeben und anderen Benutzern senden. Mit eigenem Twitter-Account - Username und Passwort - kann man jederzeit "los twittern". "Im deutschsprachigen Raum ist unibrennt der fünft-häufigste Suchbegriff im sozialen Netzwerk Twitter", betont die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) gegenüber der "Wiener Zeitung". "Damit wird eine große Anzahl an Leuten erreicht."
"Vollkommen sinnlos"
Die anfängliche Euphorie angesichts der medialen Möglichkeiten schlug jedoch bei der 28-jährigen Architekturstudentin, die mit ihrem Avatar "Ladegerät" genannt werden möchte, schnell in Enttäuschung um. "Nur weil wir jetzt Live-Charakter haben, heißt das nicht, dass mehr Studenten in den Hörsälen sitzen. Im Gegenteil, jeder hat jetzt von zu Hause aus die Möglichkeit mitzumachen und deshalb geht keiner mehr hin", meinte sie zur "Wiener Zeitung".
Sie und ihre Freunde rufen "zur Revolution der Avatare auf. Wir haben Unterstützung aus Deutschland gekriegt. Das ist gut. Aber im Grunde wirkt alles so passiv." Studenten beim Besetzen der Hörsäle via Internet zuzusehen sei voyeuristisch. Gestern habe sie beim Live-Chat mitgemacht, der völlig am Thema vorbeigegangen sei. Er sei in rassistischen und frauenfeindlichen Meldungen ausgeufert und völlig sinnlos gewesen.
Nur weil es jetzt so viele Möglichkeiten gibt, sei ein Streik deshalb nicht besser, meinte "Ladegerät". Man sollte lieber wie damals auf die Straße gehen.
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