Niederösterreichs FPÖ-Obmann Landbauer über die Radikalisierung der Blauen und die bevorstehende Landtagswahl.
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Udo Landbauers Einstieg in die niederösterreichische Landespolitik stand unter keinem guten Stern. 2018 kandidierte der heute 35-jährige Neunkirchner als Spitzenkandidat für die Landtagswahl. Im Zuge der "Liederbuch-Affäre" um rechtsextreme und antisemitische Liedtexte legte er zu Jahresbeginn sämtliche Funktionen vorübergehend zurück. Der Aufstieg erfolgte anschließend umso steiler: Noch im Herbst 2018 wurde er Klubchef der FPÖ im Landtag, 2019 Chef der Landespartei und seit 2021 ist er auch Stellvertreter von Bundesparteiobmann Herbert Kickl. Bei der anstehenden Landtagswahl wird Landbauer erneut als Spitzenkandidat antreten.
"Wiener Zeitung": Ihr Parteichef Herbert Kickl bezeichnet die türkis-grüne Koalition sogar als Diktatur. Ist Österreich tatsächlich auf dem Weg in ein autoritäres Regime?Udo Landbauer: Da müsste man erst klären, was unter diesen Begriffen zu verstehen ist. Unstrittig ist für mich, dass wir uns von einem Staat verabschieden, in dem Bürgerrechte hochgehalten werden. Ich halte es für unhaltbar, dass gesunde Menschen unter den Bedingungen einer Impfpflicht nicht einmal nachweisen dürfen, dass sie gesund sind. Und dass kritische Stimmen aus der Wissenschaft - keine "Schwurbler"! - nicht gehört werden, ist auch unzumutbar.
Kritik, auch harte, an der Politik der Regierung ist das eine, der Koalition die demokratische Legitimation abzusprechen, wie es eben der FPÖ-Parteiobmann macht, etwas anderes. Teilen Sie die radikale Diktion Kickls und anderer?
Ich teile zu hundert Prozent die Inhalte der Kritik unseres Obmanns. Was die Wortwahl angeht, hat jeder seinen Stil, und dann kommt es auch auf den Rahmen an: Auf einer Bühne vor Publikum wird man anders, schärfer formulieren als im Gespräch. Das gehört zur Politik. Doch das sind Nebensächlichkeiten. Entscheidend ist, dass die Regierung unbeirrt einen Kurs verfolgt, der sich nachweislich als falsch herausgestellt hat; und dies nur, weil sie nicht die Kraft hat, ihre Fehler einzugestehen. Und keiner macht etwas dagegen außer der FPÖ.
Der Verfassungsgerichtshof hat zahlreiche Beschlüsse aufgehoben.
Das schon, aber oft erst dann, wenn die Maßnahmen schon wieder außer Kraft waren.
Das liegt in der Natur unserer Tradition der Normenkontrolle.
Dann ist diese aber völlig unwirksam. Warum gibt es nicht längst ein Eilverfahren vor dem Höchstgericht? Ich habe selbst eine Individualbeschwerde gegen die 2G-Regel vor dem VfGH eingereicht, aber das liegt jetzt dort wahrscheinlich, bis die Maßnahme von der Regierung wieder aufgehoben wird. Da braucht es neue Regeln, wenn es um so gravierende Grundrechtseingriffe geht.
Aufgrund ihres radikalen Kurses gilt die FPÖ derzeit als nicht regierungsfähig. Keine Partei will mit den Freiheitlichen koalieren.
Bevor ich mich an andere Parteien anbiedere, deren Politik ich bekämpfe, bin ich lieber nicht koalitionsfähig. Sie vergessen aber: Kickl hat ein Bündnis mit SPÖ, Neos und Grünen gegen die ÖVP zustande gebracht, das ist noch keinem anderen gelungen.
Beim Werben um die Kritiker der Corona-Beschränkungen hat die FPÖ starke Konkurrenz bekommen. Betrachten Sie die neue Partei MFG als Gegner?
Nein, die kämpfen wie wir gegen die Corona-Politik der Regierung. Aber das ist auch ihr einziges Thema. Es wird sich zeigen, was aus der neuen Partei wird, wenn nach Corona wieder andere Themen diskutiert werden.
Mit welchem Wahltermin rechnen Sie für die NÖ-Landtagswahlen? Regulär finden diese im Jänner 2023 statt, möglich ist aber auch März 2023 und der heurige Herbst.
Das wird man sehen. Es gab Überlegungen in der niederösterreichischen ÖVP, die Wahl auf den Herbst vorzuverlegen. Doch möglicherweise machen die jetzt bekannt gewordenen Chats aus dem Handy des ehemaligen Kabinettschefs im Innenministerium die ÖVP nervös. Da steht nicht nur Wolfgang Sobotka im Visier, sondern womöglich auch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Angesichts ihres Stimmenverlusts von 20 Prozentpunkten in Waidhofen/Ybbs rechne ich persönlich damit, dass die mächtige Landes-ÖVP den Bund zuvor in Neuwahlen schicken wird.
Warum sollte die ÖVP Neuwahlen vom Zaun brechen und den Kanzler riskieren?
Weil den schwarzen Ländern die eigene Macht immer schon wichtiger war als jene im Bund. Die ÖVP ist in ihrem Gefühl der Machtvollkommenheit übermütig geworden, sie hat geglaubt, es könne ihr nichts passieren. Die Folgen holen sie jetzt ein. Als Opposition freut mich das, als Staatsbürger steigt mir das Grausen auf.
Mit Gottfried Waldhäusl steht der FP-Landesrat in St. Pölten vor Gericht wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch im Zusammenhang mit einer Flüchtlingsunterkunft für unbegleitete Minderjährige. Kein Problem für Sie?
Ich vertraue auf die unabhängige Justiz und dass am Ende des Verfahrens feststehen wird, dass er keine rechtswidrigen Schritte gesetzt hat.
Was, wenn Waldhäusel in erster Instanz verurteilt werden sollte?
Ich werde hier jetzt nicht über "was wäre wenn" spekulieren.
An sich selbst haben Sie einen strengeren Maßstab angelegt: 2018 gab es Ermittlungen in der "Liederbuch-Äffäre" der deutschnationalen und rechtsextremen Burschenschaft Germania, bei denen Sie als Zeuge geführt wurden. Sie legten damals Ihre Spitzenkandidatur für den Landtag wie auch sämtliche politische Funktionen nieder und kehrten erst nach Einstellung des Verfahrens zurück.
Ich bin damals zurückgetreten, ohne jemals als Beschuldigter geführt worden zu sein, bei zahlreichen ÖVP-Politikern kann davon keine Rede sein.
Bei Ihrem Landesrat auch nicht.
Ich habe in der Vergangenheit an mich selbst strengere Maßstäbe angelegt. Das ist etwas, das ich nur für mich mache.
Landeshauptfrau Mikl-Leitner sagte 2018: Mit Ihnen werde es in der Regierung keine Zusammenarbeit geben.
Ich bin kein nachtragender Mensch, aber ich merke mir, wer sich mir gegenüber wie verhält.