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Hundertwassers Glühbirne

Von Edwin Baumgartner

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Das Hundertwasser-Haus bedürfte dringend einer Sanierung, ginge es nach normalen Maßstäben. Aber es geht nicht nach normalen Maßstäben, sondern nach den grünromantischen von Friedensreich Hundertwasser. Damit wird’s kompliziert.

Der im Jahr 2000 verstorbene Maler und geistige Vater des Hauses hat nämlich verfügt, dass der Zahn der Zeit an seiner bunt-knubbeligen Schlumpfburg nicht nur nagen soll, man darf die angeknabberten Stellen auch nicht kaschieren. Wasserschäden und bröckelnde Fassaden, angeblich sogar Pilzbefall - all das möge sein, denn so ist die Natur. "Das Haus soll in Würde altern, und Wasserflecken sind eben die Gestaltung der Natur im Laufe der Zeit", vermerkt Hundertwasser in seinem Testament. Und: "Wir haben einen völlig falschen Begriff von der Schönheit. Wir brauchen Schönheitshindernisse und nicht reglementierte Unregelmäßigkeiten!"

Doch da stutzt man freilich: Wer ist "wir"? Und wieso brauchen "wir" "Schönheitshindernisse"? Und wieso ist "unser" Begriff von Schönheit falsch? Immerhin ein Begriff von Schönheit, der in seiner Spannweite vom anonymen Künstler der Venus von Willendorf über die Kunst der Griechen und Römer, Leonardo bis herauf zu Maria Lassnig und noch weiter immerhin auch die Malerei eines Friedensreich Hundertwasser umfasst?

Und überhaupt: Wenn es "die Natur" eines Hauses ist, zu verfallen, dann ist es "die Natur" einer Glühbirne, irgendwann einmal durchzubrennen. Gretchenfrage: Dürfen im Hundertwasserhaus durchgebrannte Glühbirnen ersetzt werden?