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Hundstorfer gegen Verzetnitsch - oder die Frage: Recht oder richtig?

Von Wolfgang Zaunbauer

Analysen

Er sei zutiefst davon überzeugt, dass Fritz Verzetnitsch seine Befugnisse weit überschritten hat, sagte ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer am Dienstag im Bawag-Prozess. Sein Vorgänger, der 19 Jahre lang an der Spitze des Gewerkschaftsbundes stand, hätte die Garantien, ohne welche die Bawag im Jahr 2000 nicht bilanzieren hätte können, niemals ohne Beschluss des ÖGB-Bundesvorstands abgeben dürfen.


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Dabei stört Hundstorfer nicht die Tatsache, dass der ÖGB für die hauseigene Bank eine Haftungserklärung abgegeben hat. Sauer stößt dem ÖGB-Boss hingegen auf, dass dies heimlich geschehen ist, also ohne Beschluss irgendwelcher Gremien.

Der kritisierte Verzetnitsch hatte am Mittwoch Gelegenheit, sein Vorgehen zu rechtfertigen. Zum einen stellte er fest, dass er sehr wohl im Einklang mit den damals geltenden Statuten des Gewerkschaftsbundes gehandelt habe. Diese sahen nämlich vor, dass der Präsident gemeinsam mit einem leitenden Sekretär - in diesem Fall ÖGB-Finanzreferent Günter Weninger, der gleichzeitig auch Aufsichtsratspräsident der Bawag war und heute auf der Anklagebank sitzt - Rechtsgeschäfte abschließen darf.

Dass er dies heimlich getan hat, verteidigt Verzetnitsch mit dem Hinweis auf die Eigentümerinteressen des ÖGB. Angesichts der prekären Lage der Bank habe die Gefahr bestanden, dass der Minderheitseigentümer, die Bayerische Landesbank, mit einer Kapitalaufstockung "ausgeholfen" hätte. Da der ÖGB nicht hätte mitziehen können, hätte er damit wohl die Mehrheit an der Bawag verloren. Dazu kam die Angst vor einem Run auf die Bank.

Mittwochabend erklärte Verzetnitsch im ORF, dass er jederzeit wieder so handeln würde. Zum Schutz des ÖGB-Eigentums war der langjährige Gewerkschaftschef also auch bereit, die gesetzlich festgelegte Kontrolle der Bank durch den Aufsichtsrat auszuschalten - ein klarer Verstoß gegen das Aktiengesetz.

So gesehen wäre die Hundstorfersche Vorgangsweise - an Verzetnitschs Stelle hätte er die nötigen Beschlüsse in den zuständigen Gremien herbeiführen lassen, Personen ausgetauscht und auf Transparenz und Offenheit gesetzt - zweifellos die korrektere gewesen.

Dennoch hat auch Verzetnitsch eine nachvollziehbare Logik. Es stimmt wohl, dass ein Run auf die Bank entweder dem Geldinstitut endgültig das Genick gebrochen hätte oder dass der ÖGB die Mehrheit an der Bawag an die BayernLB verloren hätte. Außerdem ist nicht von der Hand zu weisen, dass bis zum Aufkommen des Refco-Debakels die Karibik-Verluste insgesamt verdaut waren, ohne dass die ÖGB-Garantie schlagend geworden wäre.

Was dem ÖGB tatsächlich Riesenverluste eingebracht hat, waren die Klagen in den USA - und der Skandal an sich, der immerhin 70.000 Gewerkschafter dazu bewog, dem ÖGB den Rücken zu kehren.