Weltweit müssen mehr als 800 Millionen Menschen hungern, obwohl die vorhandene Nahrung für alle ausreichen würden. 2700 Kalorien täglich würden den Bedarf jedes einzelnen decken. Mit einem Symposium zur globalen Ernährungssituation unter dem provokanten Titel "Nouvelle Cousine und Hungertod" gedachte die Österreichische Stiftung für Weltbevölkerung und Internationale Zusammenarbeit in Wien dem Welternährungstag.
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Während die reichen Länder des Nordens kaum wissen, wo sie ihre Nahrungsmittelüberschüsse lagern sollen und Lebensmittel sogar vernichten, sind in 22 Entwicklungsländern die Menschen vom Hungertod bedroht. Über 160 Millionen Kinder sind stark unterernährt, jede Stunde sterben etwa 800 infolge von Unterernährung und Krankheit. "Hunger ist auch kein isoliertes Phänomen, er tritt immer in Zusammenhang mit Armut, Krieg, Enwicklungsproblemen und Diskriminierung auf, erklärt Zohrab Malek, Mitarbeiter der UN-Organisation FAO (Food and Agriculture Organization) in Rom.
"Wir stehen vor einem schwerwiegenden Verteilungsproblem," betonte Landwirtschafts- und Umweltminister Wilhelm Molterer, "auf der anderen Seite sind wir im Norden an die qualitativen Grenzen des Wachstums geraten." Hunger ist nicht die Folge ungenügender globaler Nahrungsmittelproduktion, sondern auch ein komplexes Problem aufgrund der Lebensmittelexporte aus dem Süden.
"Einerseits gibt es große Unsicherheiten in der Produktion, andererseits bleiben trotz großer landwirtschaftlicher Anbauflächen in vielen Ländern kaum noch Lebensmittel für die Bevölkerung übrig," gibt Malek zu bedenken. Deshalb gibt es für die FAO einen klar definierten Katalog von Forderungen zur Verringerung des weltweiten Hungerleids: Die Produktivität in den notleidenden Regionen muss gesteigert werden, die Einkommen der Bevölkerung müssen sich auf Grund eines fairen Handels erhöhen, zudem bedarf es mehr Geld für Forschung und Investitionen sowie der Erweiterung der Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Betroffenen. "Jenseits dieser Punkte können wir unser Ziel nur mittels internationaler Solidarität erreichen", glaubt Malek.
Der Schlüsselbegriff für eine Verbesserung der globalen Bedingungen lautet für Molterer nachhaltige Entwicklung. "Nur über Lebensmitteltransfers zu reden, ohne die Ursachen von Unterernährung zu beleuchten, greift zu kurz". Und so warnt der Minister auch vor überzogenen Hoffnungen in die Gentechnologie: "Sie ist keineswegs die Patentantwort." Zurecht befürchten viele Entwicklungsländer, dass sie ihrer Biodiversität beraubt würden. Viel wichtiger wären Fragen der Verteilung, Logistik und Lagerung. Molterer weiter: "Auch die internationalen Institutionen wie die WTO müssen endlich ihre Verantwortung erkennen und einen Beitrag zum ökologischen und sozialen Ausgleich leisten."