Nicht-staatliche Organisationen auf dem Westbalkan und in der Türkei wünschen sich Unterstützung von der EU.
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Auf einmal waren die Logos verschwunden. Es ging um ein Projekt, das das türkische Außenministerium gemeinsam mit Nichtregierungsorganisationen durchführen sollte. Doch im Vorjahr war das Arbeitspapier nur noch mit dem Stempel der Behörde versehen - die nicht-staatliche Vereinigung schien nicht mehr auf.
Es war nur ein kleines Beispiel zur Veranschaulichung der Beziehungen zwischen Regierung und Zivilgesellschaft, das die türkische Stiftung Tüsev bei einer Konferenz im EU-Parlament anführte. Doch hat das Netzwerk, das den Non-Profit-Sektor in der Türkei stärken möchte, auf Entwicklungen hinzuweisen, die für den Bereich weit beunruhigender sind. Mehrere Organisationen seien bereits geschlossen worden, andere - auch internationale - werden am Arbeiten gehindert. So hätten "Ärzte ohne Grenzen" noch immer keine Erlaubnis erhalten, ungehindert tätig zu werden - in einem Land, das neben seinen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen auch noch die Versorgung von mehr als zwei Millionen Flüchtlingen, unter anderem aus dem benachbarten Syrien, auf sich nehmen muss.
Der Mangel an Anerkennung der nicht-staatlichen Organisationen durch den Staat war aber nur eines der Probleme, das Vereine aus den Ländern des Westbalkans sowie der Türkei bei der Zusammenkunft in Brüssel erörterten, bei der die grüne EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek als Gastgeberin fungierte. Doch gleichzeitig präsentierten sie ein Instrument, das bei der Feststellung der Schwierigkeiten und deren Überwindung helfen soll: eine Tabelle, die eine Übersicht über die einzelnen Gebiete liefern soll. Mit der "Monitoring Matrix" sollen sich die Versäumnisse quantifizieren lassen. Die jüngsten Ergebnisse wurden in einen Bericht über das Umfeld, in dem sich die Zivilgesellschaft entwickelt, gegossen.
Dabei gibt es freilich regionale Unterschiede und spezifische Probleme. Während es beispielsweise in Serbien und Mazedonien Einschränkungen der Versammlungs- und Meinungsfreiheit gibt, befürchten albanische Vereine, dass strikte Regelungen zur Bekämpfung der Terrorfinanzierung auch die Tätigkeit mancher NGO behindern könnten. In Bosnien-Herzegowina wiederum fällt es schwer, überhaupt eine genaue Zahl der aktiven Organisationen der Zivilgesellschaft festzustellen, da sich unter den rund 20.000 registrierten Vereinigungen auch Fußball- oder Veteranenvereine befinden, die sich ebenfalls um öffentliche Mittel bemühen.
Eines jedoch ist den NGOs gemein - und das quer durch Europa: die Mühen der Finanzierung. Allerdings sind in den Staaten des Westbalkans die Möglichkeiten noch eingeschränkter: Steuervorteile für nicht-staatliche Organisationen selbst, aber auch für Spender sind kaum vorhanden.
Der Ruf nach gezielter finanzieller Unterstützung aus der EU gehört denn auch zu den Forderungen des länderübergreifenden Netzwerks BCSDN (Balkan Civil Society Development Network). Doch wünscht sich die Vereinigung auch eine verstärkte politische Einbindung der Organisationen. Immerhin führt die EU mit etlichen Ländern Beitrittsverhandlungen. Die Zivilgesellschaft sollte dabei eine gewichtige Rolle spielen.