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Spidla: "Systematisches Misstrauen." | Kommission prüft nationale Maßnahmen. | Maßnahmen.
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Brüssel. Das Grundproblem scheint die Angst vor ausländischen Arbeitnehmern und Sozialdumping: Aus Sicht von EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla gibt es ein "systematisches Misstrauen" in gewissen Mitgliedsländern - vor allem in jenen, die an die neuen osteuropäischen EU-Mitglieder grenzten.
Anlass für Spidlas Unmut war die nach seinem Geschmack nicht gerade lupenreine Umsetzung der EU-Entsenderichtlinie in vielen Staaten. Die regelt die vorübergehende Beschäftigung von Arbeitnehmern in einem anderen EU-Staat. So kann etwa ein slowakisches Unternehmen seine Arbeiter für eine Zeit nach Österreich schicken. Für die gilt dann österreichisches Arbeitsrecht.
Doch statt einander gegenseitig zu vertrauen und die Verwaltungszusammenarbeit zu intensivieren, setzten die EU-Länder auf massive Kontrollen im eigenen Land, sagte ein Kommissionsbeamter. Grund dafür sei neben dem Kampf gegen Schwarzarbeit die Befürchtung, es handle sich gar nicht um rechtmäßig entsendete Arbeitnehmer.
Das treffe vor allem jene Länder in denen noch Übergangsfristen für die Freizügigkeit von Arbeitnehmern aus den neuen Ländern - außer Malta und Zypern - gelten. Sie fürchten die Umgehung ihrer Arbeitsmarktgrenze gegen Osten. Österreich und Deutschland gelten hier als Hardliner. Kontrollen und umfangreiche Ausweis- und Anmeldepflichten dürften jedoch nicht dazu verwendet werden, Arbeitnehmer draußen zu halten, hieß es.
In allen Staaten außer Großbritannien gebe es zumindest potentiell exzessive Kontrollen, schließt die Kommission. Besonders streng geben sich die EU-Länder gegenüber entsendeten Arbeitern aus Drittstaaten - also etwa Serben, die eine französische Firma nach Österreich schickt. Wien wurde vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) letzten Herbst verurteilt, diese Praxis zu ändern. Ansonsten stehe Österreich im Gegensatz zu Deutschland kein unmittelbares EU-Verfahren ins Haus, meinte ein Kommissionsbeamter.
Mittelbar in Zusammenhang steht aber ein seit April laufendes Verfahren der Kommission gegen Österreich vor dem EuGH wegen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes. Es verlangt von Menschen aus den neuen Mitgliedsstaaten, die sich im Land als Unternehmer niederlassen wollen, den Nachweis, dass sie tatsächlich solche sind. Damit will Wien Scheinselbstständigkeit - und das Unterlaufen der Übergangsfristen - vorbeugen. Die Prozedur sei unverhältnismäßig aufwendig, die Anwendung der Übergangsbestimmungen auf Unternehmer unzulässig, findet die Kommission.