Zum Hauptinhalt springen

Hürden liegen in der Politik

Von Martyna Czarnowska

Europaarchiv

Für die meisten Wirtschaftstreibenden ist die EU-Erweiterung nicht Gegenstand der Diskussion sondern Faktum. Wie aus einer aktuellen Studie der Bank Austria Creditanstalt (BA-CA) hervorgeht, ist Osteuropa "derzeit die attraktivste Investitionsregion der Welt". Doch der Wachstumskurs stoße auf Grenzen, die von der österreichischen Arbeitsmarktpolitik gesetzt würden, kritisieren einige UnternehmerInnen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 22 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Als "Sprungbrett für Osteuropa" würde sich Wien nicht ungern sehen - vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht. Denn worauf Wirtschaftstreibende immer wieder verweisen, bestätigt die BA-CA-Studie "Die EU-Erweiterung. Großes Potential für Österreich": "Österreich profitiert von der Osterweiterung am meisten. Mit 12% hat Österreich mit Abstand den höchsten Exportanteil in diese Länder."

Als "Meilenstein in der österreichischen Exportwirtschaft" bezeichneten Wirtschaftskammer und Außenwirtschaft vor zwei Wochen das Jahr 2002: Erstmals seit 1945 gebe es einen Handelsbilanzüberschuss - und die Ausfuhren in mittel- und osteuropäische Länder trugen ihren Teil dazu bei. Diese machten nämlich 16% der Exporte aus. "Durch die bevorstehende EU-Erweiterung werde es noch zusätzliche Chancen geben", erklärte Walter Koren, Leiter der Außenwirtschaft Österreich.

Dass diese Möglichkeiten jedoch nicht immer ausgenützt werden könnten, sei der österreichischen Arbeitsmarktpolitik zuzuschreiben, kritisieren UnternehmerInnen. So plant die Verkehrsbüro-Tochter Vienna International (VI) die Verlegung ihrer Osteuropa-Zentrale nach Prag. In Österreich sei es unmöglich gewesen, Arbeitsgenehmigungen für erforderliche Native-Speaker aus Polen und Tschechien zu erhalten, die von Wien aus Projekte in Osteuropa betreuen sollten.

Bereits vor Monaten hatte Friedrich Stara, Präsident der Henkel CEE, die österreichische Politik in diesem Zusammenhang als "kontraproduktiv für multinationale Konzerne" bezeichnet. Die Unternehmen "könnten heute ihre Ost-Zentrale besser in Warschau ansiedeln", kommentierte er.

Die Einwände stoßen im Wirtschaftsministerium auf Unverständnis. "Das Kontingent für Schlüsselarbeitskräfte ist in den letzten zwei Jahren um 140% erhöht worden: 2002 betrug es 2.400 Personen", heißt es aus dem Büro von Martin Bartenstein. Im Rahmen von Joint Ventures können Unternehmen ausländische Arbeitskräfte beschäftigen; und Bereiche der Wissenschaften etwa unterliegen von vornherein keinen Beschränkungen durch Kontingente. Außerdem seien es die Bundesländer, die ihren Bedarf an ausländischen Arbeitskräften anmelden - und sie schöpften, mit Ausnahme Wiens, die Kontingente nicht einmal aus.

Erweiterungsprozess brachte 130.000 Arbeitsplätze mehr

Die Angst vor Konkurrenz durch Schlüsselarbeitskräfte ist jedoch bei weitem nicht so groß wie jene vor "Billigarbeitskräften". So befürchten Gewerkschaften Lohndumping-Prozesse. Der Arbeitsmarkt vertrage keine voreilige Öffnung, da die Arbeitslosigkeit auch in Österreich steige, lautet das Argument.

Bis jetzt hat die geplante EU-Erweiterung allerdings das Gegenteil von Arbeitsplatz-Gefährdung bewirkt. So führt die BA-CA-Studie Schätzungen an, laut denen Österreichs Volkseinkommen durch die Ostöffnung um rund 10 Mill. Euro höher liege als ohne Ostöffnung. Damit seien 130.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen worden.