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Hürdenreicher Weg in die EU

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Zäher Streit um Icesave-Milliarden. | EU-Kommissar erwartet Gesprächsauftakt noch heuer. | Brüssel. Die EU-Beitrittsverhandlungen mit Island sollen beginnen. Dafür sprach sich Erweiterungskommissar Stefan Füle gestern, Mittwoch, aus. Die Empfehlung der Kommission zur Aufnahme der Gespräche sei "eine wichtige Etappe" für den Inselstaat auf dem Weg in die EU, sagte er.


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Dass dieser Weg auch zu Ende gegangen wird, ist aber keineswegs sicher. Als besonders große Hürde gilt die Affäre um die Icesave-Bank, nach deren Pleite Island den EU-Ländern Großbritannien und Niederlande noch 3,9 Milliarden Euro schuldet. Das entspricht mehr als 40 Prozent der für heuer erwarteten isländischen Wirtschaftsleistung.

Füle betonte zwar mehrmals, dass es sich dabei um eine Angelegenheit zwischen den betroffenen Staaten und nicht der EU handle. Doch gilt die Schuldenübernahme als einer der Hauptgründe für die steigende EU-Skepsis unter den rund 320.000 Isländern. In einem Referendum am 6. März wird die Ablehnung des so genannten Icesave-Gesetzes erwartet, nach dem Island die Rückzahlung der Milliarden staatlich garantieren müsste.

Volk stimmt ab

Die Sozialdemokratisch-Links-Grüne Regierung unter Premierministerin Johanna Sigurdardottir versucht noch hektisch, bessere Konditionen für die Kredittilgung herauszuholen. Wäre das Icesave-Problem gelöst, könnte auch die EU-Zustimmung wieder steigen, so das Kalkül. Denn der Beitritt erfordert am Ende eine positive Volksabstimmung. Daran waren die EU-Ambitionen früherer norwegischer Regierungen nach erfolgreichem Abschluss der Verhandlungen zwei Mal gescheitert.

Doch so weit ist es noch nicht: Den notwendigen einstimmigen Beschluss der Mitgliedstaaten, die Verhandlungen zu beginnen, erwarte er noch heuer, sagte Füle. Bis zum Abschluss habe es bei Ländern wie Österreich und Finnland, die wie Island bereits Mitglieder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) waren, rund 14 Monate gedauert. Durch die Einbindung in den EWR seien weite Teile des EU-Rechts bereits umgesetzt. Diplomaten erwarten einen Beitritt frühestens 2012.

Auch wenn Island 2009 ein Budgetdefizit von 14,4 Prozent einfuhr, sei eine widerstandsfähige Wirtschaft zu erwarten, meinte Füle. Die EU ist Haupthandelspartner der nordatlantischen Insel, die nur 0,06 Prozent der EU-Bevölkerung und 0,08 der EU-Wirtschaftsleistung ausmacht. Dafür biete sie strategische Vorteile beim Wettlauf um den Einfluss in der Arktis, wo riesige Rohstoffvorkommen vermutet werden.

Doch nur der Zusammenbruch der Staatsfinanzen 2008 hatte die EU-Zustimmung auf Island vorübergehend über 50 Prozent steigen lassen. Bis dahin hatten die Nachfahren der Wikinger kein großes Interesse daran, ihre reichen Fischgründe mit den EU-Fangflotten zu teilen. Beim Verhandlungskapitel Fischerei werden daher die größten Schwierigkeiten erwartet.