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Husseins tiefer Fall

Von Anne Clasmann

Politik

Unzählige haben mit Saddam eine Rechnung offen. | Kairo. (dpa) Saddam Hussein pflegte über Jahrzehnte erfolgreich seinen Ruf als Unbesiegbarer. Er überlebte mehrere Attentatsversuche und schaffte es sogar, Niederlagen in Siege umzumünzen. Er wollte, wie sein Landsmann Saladin, der einst die Kreuzritter aus Jerusalem vertrieben hatte, als heroischer Kriegsherr in die Geschichte eingehen.


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Er wird auch in den Geschichtsbüchern Platz finden - als erster arabischer Herrscher, der sich für Menschenrechtsverletzungen vor Gericht verantworten muss. Genugtuung erfahren sollen zunächst die Menschen aus der nördlich von Bagdad gelegenen Kleinstadt Dujail.

Wie konnte es zum tiefen Fall Saddam Husseins kommen? Hatte sich Saddam, der aus einfachen Verhältnissen stammte und vor allem dank seiner Skrupellosigkeit zum starken Mann des Irak aufgestiegen war, im Frühjahr 2003 verkalkuliert, als Washington mit der Invasion drohte? Doch er hatte kaum eine Wahl. Im Exil hätte er ständig Angst haben müssen, dass ihn einer der Hunderttausenden Iraker, die eine offene Rechnung mit ihm hatten, umbringen würde. Also ging er nach dem Fall von Bagdad in den Untergrund, bis Soldaten ihn am 13. Dezember 2003 aus einem Erdloch zogen.

Wie wichtig es für Saddam Hussein ist, nicht das Gesicht zu verlieren, zeigte sich bei seinem ersten Auftritt vor dem Untersuchungsrichter im Juli 2004. "Ich bin Saddam Hussein al-Madjid, Präsident der Republik Irak", sagte er, und "Bush ist der Verbrecher". Saddam droht die Todesstrafe. Doch bevor das Sondertribunal sein Urteil verkündet, wird Saddam seine Landsleute noch einmal in Angst versetzten - Angst davor, dass der Prozess die Extremisten, unter denen viele Saddam-Loyalisten sind, zu einer neuen blutigen Welle von Anschlägen inspirieren wird.