In diesem Jahr feiert eine der weltgrößten Kultureinrichtungen ihren 50. Geburtstag: Die "Stiftung Preußischer Kulturbesitz". Sie bewahrt, was von Preußens Glanz übrig blieb. | Unweit der Stelle, an der man Rosa Luxemburg in den Landwehrkanal warf, erhebt sich ein herrschaftlicher Ansitz, der am Rande des Großstadtverkehrs kaum Beachtung findet. Von hier, aus der klassizistischen "Villa von der Heydt", lenkt der Präsident der "Stiftung Preußischer Kulturbesitz" ein kulturelles Mammut-Institut mit einem 260-Millionen-Euro-Etat und 2000 Beschäftigten.
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Der elegante Schöngeist Klaus-Dieter Lehmann (67) ist noch bis 2008 Herr über die Sammlungen des preußischen Staates, zu denen 17 Museen, die Staatsbibliothek zu Berlin, das Geheime Staatsarchiv und eine Reihe von Forschungseinrichtungen zählen.
Kulturbeflissenheit war nicht gerade eine der "preußischen Tugenden", die sich aus einem spartanischen Militarismus entwickelten. Dies änderte sich im 19. Jahrhundert, als die Hohenzollern merkten, dass ihnen die großen europäischen Metropolen Paris, London, Wien meilenweit voraus waren.
Bildungsbewußte Gelehrte (Humboldt), Museumsdirektoren (Bode), Amateure (Schliemann) und Mäzene (Simon) trugen in wenigen Jahrzehnten unermessliche Schätze zusammen. Preußens Kapitale konnte in der Kunstwelt mitreden.
Die Nofretete, das babylonische Ischtar-Tor oder der Pergamon-Altar sind die populärsten Leuchttürme. Wirklich beeindruckend aber sind "die enzyklopädischen Ausmaße und der systematische Aufbau der Sammlungen, die 6000 Jahre Kultur- und Menschheitsgeschichte dokumentieren" (Lehmann).
Kriegszerstörungen, Auslagerungen, Reparationen, staatlich organisierter Kunstraub und die Teilung Deutschlands zerrissen die Sammlungen. Und doch war das verbliebene preußische Kulturerbe immer noch einmalig. Es musste gerettet, gepflegt und ergänzt werden.
Formell ging Preußen im Jahr 1947 zugrunde. Damit gab es keine Verwaltung mehr für die riesigen Kunstsammlungen, Archive und Bibliotheksbestände. Deshalb errichtete man die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), die 1961 - im Jahr des Mauerbaus - ihre Arbeit aufnahm. Neben dem Bund waren Preußens Nachfolgeländer BadenWürttemberg, Berlin (West), Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein der Stiftung beigetreten. 1975 folgten dann die anderen westlichen und nach der Wiedervereinigung auch alle neuen Bundesländer.
Dem seit knapp zehn Jahren im Amt befindlichen Lehmann oblag die Zusammenführung der zersplitterten Schätze, der Milliarden-Ausbau der Berliner Museums-Insel einschließlich einer neuen Grundkonzeption, die Restitution ehemals jüdischen Kunsteigentums und - die schleppende Rückgabe von Beutekunst, ein bis heute ungelöstes Problem. Während sich deutsche Kunstexperten vor allem auf das 1907 mit der Haager Landkriegsordnung beschlossene Verbot von Kunstraub berufen, hat die russische Staatsduma die Beutekunst zum Eigentum Russlands erklärt. Nun sollen die Werke aus den Depots sogar in neue Inventarlisten überführt werden, so dass die Herkunft der Gemälde, Skulpturen, Bücher und Münzen in Zukunft nicht mehr nachvollziehbar ist.
Daß die sechzig Jahre verschollene Elfenbeingruppe "Herkules und Omphale" (um 1700) von dem auch in Wien bekannten Balthasar Permoser wieder aufgetaucht ist, ist nur ein kleines Trostpflaster. Lehmann präsentierte gleichzeitig mit der 22 Zentimeter kleinen Skulptur einen "Verlustkatalog", in dem insgesamt 1611 Skulpturen, Reliefs, Medaillen und Möbel aufgelistet sind, die als zerstört oder verschwunden gelten. Ein Teil davon befindet sich wahrscheinlich in den Geheimdepots osteuropäischer Museen. Experten gehen sogar von 180.000 geraubten Kunst-Objekten und Büchern aus.