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Hybrider Krieg mit Desinformation

Von Otmar Lahodynsky

Gastkommentare
Otmar Lahodynsky ist Ehrenpräsident der Association of European Journalists (AEJ), die er von 2014 bis 2021 leitete. Er war Redakteur beim Nachrichtenmagazin "profil".
© privat

Zum Welttag der Pressefreiheit: Perfide Bedrohungen nehmen zu.


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Der heutige Welttag der Pressefreiheit bietet keine erfreulichen Nachrichten. Der völkerrechtswidrige Krieg Russlands gegen die Ukraine hat unter den unzähligen Opfern schon mehr als zwei Dutzend Journalisten das Leben gekostet. Und der Aggressor, der russische Präsident Wladimir Putin, führt mit Desinformation und Fake News auch einen hybriden Krieg. So untersagt ein gleich nach der Invasion verabschiedetes Gesetz Journalisten, auch ausländischen Korrespondenten in Moskau, von einem "Krieg" oder einer "Invasion" in der Ukraine zu sprechen und offizielle Bulletins in Frage zu stellen. Wer dagegen verstößt, kann mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden. Letzte kritische Medien wie das Radio Echo Moskwy oder der TV-Sender Doshd wurden geschlossen.

Da die meisten Russen nur staatlich gelenkte Medien konsumieren, glauben sie der Kreml-Propaganda über einen angeblichen Genozid an Russen im Donbass. Doch manchmal gibt es im TV auch Pannen zu sehen: Etwa den mutigen Protest einer TV-Journalistin, oder wenn Rache für die Versenkung des russischen Flaggschiffs "Moskwa" gefordert wird, obwohl doch offiziell ein Feuer und ein Sturm schuld am Untergang waren. Dass die EU-Kommission russische TV-Sender wie RT und Sputnik aus den Kabelnetzen verbannt hat, war eine gerechtfertigte Aktion: Diese Sender verbreiten vorwiegend Kriegspropaganda, was mit Medienfreiheit nichts zu tun hat.

Diese ist allerdings auch in der EU selbst bedroht. In Ungarn hat Viktor Orbán auch deshalb die Parlamentswahlen gewonnen, weil die meisten Medien auf Regierungskurs gebracht worden waren. Oppositionschef Péter Márki-Zay durfte für ganze fünf Minuten im staatlichen TV auftreten. Orbán, der auch ein TV-Duell mit seinem Herausforderer, wie es in jedem EU-Land üblich ist, ablehnte, steckte ganz ungeniert Steuergeld und wohl auch EU-Fördermittel in seinen Wahlkampf. Diese Woche wird die Redaktion der Zeitung "168 Óra" gekündigt, von einem Orbán-treuen Eigentümer. Einzige erfreuliche Nachricht: In Slowenien verlor Janez Jansa, ein enger Verbündeter Orbáns, die Wahlen. Wie sein Vorbild hatte er unabhängige Medien ins Visier genommen.

Eine neue Bedrohung für investigativen Journalismus stellt die Zunahme an Verleumdungsklagen durch Konzerne und Politiker gegen Medien dar, sogenannte Slapp-Klagen (Strategic Lawsuits Against Public Participation). So werden teure Entschädigungsforderungen gegen investigativ tätige Medien eingebracht, was allein durch Anwaltskosten zum Ruin führen kann. Auch in Österreich gibt es erste Slapp-Klagen gegen Medien, eingebracht von der OMV oder von einem Immobilieninvestor.

Die EU-Kommission hat erst vor kurzem einen Vorschlag für eine Richtlinie gegen SLAPP-Klagen präsentiert. Doch vorerst gilt diese nur für grenzüberschreitende Fälle. Für rein nationale Klagen braucht es nationale Regelungen. Leider zeigt Österreichs Justizministerin Alma Zadić kein großes Interesse daran. Auch die dringend gebotene Neuordnung der hiesigen Medienförderung lässt weiter auf sich warten. Der heutige Gedenktag sollte auch ein Weckruf sein.