Bayern spekuliert auf Schadenersatz vom Land Kärnten. | Landesparteien: Keine Geldflüsse durch Skandal-Bank. | Wien. Österreichische Politiker haben eine schonungslose Aufklärung des Finanzdebakels rund um die Kärntner Hypo Group Alpe Adria und ihre ehemalige Mutter - die Bayerische Landesbank - angekündigt. Ob dies mehr als Lippenbekenntnisse sind, dürfte sich rasch herausstellen.
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Während die Staatsanwaltschaft München ihre Ermittlungsgruppe seit dem Jahreswechsel um drei auf sieben Staatsanwälte aufgestockt hat, behandelt die österreichische Justiz die Hypo-Causa - zumindest vordergründig - als Ein-Mann-Job. Es sei aufgrund der prekären Personalsituation nicht einmal möglich, einen zweiten Staatsanwalt für die Hypo-Ermittlungen in Kärnten abzustellen, so Justizministerin Claudia Bandion-Ortner zur APA.
Laut Bandion-Ortner fehlen der Justiz insgesamt 230 Richter und Staatsanwälte. Für Fälle wie jenen rund um die notverstaatlichte Kärntner Skandal-Bank könne dies bedeuten, dass die Aufklärung länger auf sich warten lasse, meint ein Ministeriums-Sprecher im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Bandion-Ortner versucht seit längerem, mehr Personal für ihr Ressort auszuverhandeln - vor allem, was die Ressourcen für die oft besonders komplizierten Wirtschaftsdelikte betrifft. Am Montag holte sie sich diesbezüglich allerdings erneut eine Abfuhr von der für den Stellenplan des Bundes zuständigen Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Die bevorstehenden Großverfahren sollten durch Umschichtungen innerhalb der Justiz bewältigbar sein, so Heinisch-Hosek. Derzeit seien rund 50 Richter mit Verwaltungstätigkeiten beschäftigt. Diese könnten herangezogen werden, erklärt die Ministerin.
Externe Experten
"Diese Rechnung kann nicht stimmen", heißt es hingegen aus dem Justiz-Ressort. Schließlich müsse irgendjemand die Arbeit jener 50 Richter erledigen. Es handle sich dabei ja um notwendige Tätigkeiten. Im Justizministerium hofft man nun auf Gespräche mit dem Bundeskanzleramt und dem Finanzministerium.
Insgesamt dürfte es sich bei der Kärntner Hypo für Bandion-Ortner um einen willkommenen Anlassfall handeln, um auf die allgemeine Personalnot innerhalb der Justiz hinzuweisen. Im konkreten Fall wird sie dem mit den Erhebungen beauftragten Kärntner Staatsanwalt jedenfalls Verstärkung schicken: Ein externer Experte soll beigezogen werden. Außerdem ermittelt eine zehnköpfige Sonderkommission des Bundeskriminalamts in der Causa Hypo Alpe Adria.
Neben dubiosen Geschäften in Balkan-Staaten dürfte sich die Justiz besonders für die Mehrheitsübernahme der ehemaligen Kärntner Landesbank durch die BayernLB im Jahr 2007 interessieren. Kurz zuvor war eine Investoren-Gruppe rund um den späteren Hypo-Chef Tilo Berlin bei dem Institut eingestiegen. Berlin soll den Verkauf, bei dem er und seine Investoren einen beachtlichen Gewinn erzielt haben, mit dem damaligen BayernLB-Chef Werner Schmidt eingefädelt haben.
Keine neue Landesbank
Mittlerweile ist in diesem Zusammenhang von möglichen Insider-Geschäften die Rede. Darüber hinaus soll die BayernLB-Spitze bewusst zu viel für die Kärntner Bank bezahlt haben, der Vorwurf der Untreue steht im Raum. Für alle Personen gilt die Unschuldsvermutung.
Dies hindert das bayrische Finanzministerium - der Freistaat ist Mehrheitseigentümer der BayernLB - jedoch nicht daran, bereits jetzt über Schadenersatzforderungen zu spekulieren.
Alles in allem hat die BayernLB bei ihrem Hypo-Abenteuer 3,75 Milliarden Euro in den Sand gesetzt. Zuletzt musste sie ihre Anteile um einen symbolischen Euro an die Republik Österreich verkaufen und sich verpflichten, ihrer ehemaligen Tochter 825 Millionen Euro an Kapital zuzuschießen. Teile des Verlusts möchte man sich nun wieder zurückholen - und zwar von ehemaligen Vorständen und Aufsichtsräten der BayernLB und der Hypo. Rufe nach einer Rückabwicklung des Hypo-Kaufs 2007 zog Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon mittlerweile zurück.
Ein weiterer Ansatzpunkt für die Justiz könnte sich in der Rolle der Kärntner Landespolitik finden: FPK, BZÖ und ÖVP dementierten am Montag Medienberichte über Geldflüsse in Millionenhöhe. "Ich kann mit ruhigem Gewissen sagen: Bei uns ist kein Cent geflossen", so FPK-Landtagsabgeordneter Manfred Stromberger. Auch ÖVP-Chef Josef Martinz betont, dass seine Partei "keinen einzigen Cent" erhalten habe. Das - nach der Abspaltung der Kärntner FPK - übrig gebliebene Bundes-BZÖ will sogar seine Finanzen offenlegen.
Ausgeträumt dürfte mittlerweile der Traum des Landes Kärnten vom Aufbau einer neuen Landesbank sein. Führende Politiker haben in den vergangenen Tagen von dem Projekt Abstand genommen, das Finanzminister Josef Pröll als "Verhöhnung der Steuerzahler" bezeichnet hat.
Tatsächlich müssen alle Aktionäre, die mehr als zehn Prozent an einer Bank halten, einen Eignungstest der Finanzmarktaufsicht bestehen. Insider gehen davon aus, dass das Verhalten Kärntens rund um die Hypo-Rettung eine neuerliche Lizenzerteilung unmöglich macht. Darüber hinaus müsste das Finanzministerium als Voraussetzung eine positive Stellungnahme abgeben.