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Hypo: Consultants-Deal im Visier

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Prüfbericht bestätigt: Risiko blieb bei der Bank. | Sonderdividende laut OeNB "nicht nachvollziehbar". | Moody’s senkt Rating für die von Kärnten garantierten Hypo-Schulden. | Klagenfurt. Allzu oft müssen sich die heimischen Finanzaufseher den Vorwurf gefallen lassen, zu spät auf Missstände reagiert zu haben. Was den umstrittenen Verkauf der Consultants-Sparte der Hypo Kärnten anbelangt, trifft dies - wie sich nun herausstellt - nicht zu. | Hypo-Revisionsabteilung als Warner in der Wüste?


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Der Deal, der mittlerweile auch die Staatsanwaltschaft intensiv beschäftigt, ging im März 2007 über die Bühne; praktisch zeitgleich übte die Nationalbank (OeNB) heftige Kritik daran.

In Rahmen einer am 18. September 2006 gestarteten Bankprüfung nahmen Experten der OeNB unter anderem den damaligen Vorsorgebedarf der Bank für faule Kredite unter die Lupe. Wie in dem geheimen Prüfbericht, der der "Wiener Zeitung" vorliegt, vermerkt ist, hätte sich der Verkauf der Consultants-Gruppe, in der viele Immobilienbeteiligungen auf dem Balkan geparkt waren, hier positiv auswirken müssen. Durch den Verkauf dieser Beteiligungen sollte sich das "damit zusammenhängende Finanzierungsvolumen, welches zum Teil als kritisch eingestuft werden musste, reduzieren", heißt es in dem Papier.

Kredite von Hypo selbst

Tatsächlich stammten die Kredite der Consultants-Projekte zum überwiegenden Teil von der Hypo selbst. Dies geht auch aus der vertraulichen Verkaufsunterlage hervor, die die Beratungsgesellschaft ASP Ende November 2006 an allfällige Interessenten verschickt hat. Dabei handelt es sich um Summen, die zweifelsohne ins Gewicht fallen: Alleine die zum Verkauf stehenden Hauptgesellschaften der Consultants-Gruppe in Österreich, Kroatien, Bosnien und Serbien hatten den Unterlagen zufolge Schulden von mehr als 190 Millionen Euro. Die Verbindlichkeiten von Sub-Projektgesellschaften, die ebenfalls Teil des Deals waren, betrugen ungefähr 210 Millionen Euro. Rechnet man bei den Subfirmen die Schulden von Minderheitsbeteiligungen auf den jeweiligen Consultants-Anteil herunter, bleiben mehr als 110 Millionen Euro übrig; selbst auf echte 100-Prozent-Beteiligungen entfielen immer noch rund 70 Millionen Euro.

Hier hätte also mit dem Verkauf der - teilweise problematisch gewordenen - Consultants-Sparte auch das Hypo-Kreditportfolio entlastet werden sollen. Dementsprechend wird auch in den ASP-Unterlagen die Übernahme der Schulden der Länder-Gesellschaften und jener Sub-Firmen, die zu 100 Prozent der Consultants gehörten, durch den Käufer als "nicht verhandelbare" Kaufbedingung festgelegt. Dies wären - den oben genannten Zahlen zufolge - alles in allem rund 260 Millionen Euro.

Großteil nicht verkauft

Wie die OeNB-Prüfer in ihrem mit 25. Mai 2007 datierten Bericht ausführen, dürfte es jedoch anders gekommen sein als erhofft: Laut Unterlagen, die die Hypo den Aufsehern nach dem Verkauf vorgelegt hat, sei ein Teil der Projekte "intern an andere Beteiligungsgesellschaften übertragen" anstatt verkauft worden, heißt es in dem Papier. Das bestätigen auch Recherchen der "Wiener Zeitung", laut denen ein gewichtiger Teil der Consultants-Projekte bei der Hypo verblieben ist. Offenbar war es unter anderem nötig, vor dem Verkauf problematische Gesellschaften auszusieben, um die Braut zu schmücken.

Laut Verkaufsunterlage sollten bereits 2006 stolze 42 von 115 Consultants-Projekten vorab aussortiert werden. Gut möglich, dass Anfang 2007 noch weitere dazugekommen sind. Im OeNB-Bericht liest sich das entsprechend dramatisch: So seien beim Consultants-Deal rund 50 Prozent "der Gesamtaushaftung" aus Beteiligungen und Krediten in der Bank geblieben, heißt es da. Außerdem werde es auch bei den verkauften Gesellschaften "eine Finanzierungsbeteiligung" seitens der Hypo geben, "sodass es insgesamt zu keiner wesentlichen Reduzierung des Kreditobligos kommt".

Der Käufer, eine kroatische Investmentfirma, bestreitet aber bis heute vehement, den Kauf per Hypo-Kredit finanziert zu haben. Man hätte auf ein europäisches Bankenkonsortium zurückgegriffen, so das Unternehmen. Das übernommene Kreditvolumen habe zudem weniger als 250 Millionen Euro betragen. Falls 2007 auch noch Projekte zur Hypo gewandert sind, ist das durchaus möglich. Der Hypo-Konzernbericht für 2007 beziffert die Consultants-Verbindlichkeiten mit 220 Millionen Euro.

Von einer Reduktion der Problemkredite, die also bereits 2006 - lange vor der internationalen Finanzkrise - die Hypo plagten, konnte beim Consultants-Deal laut OeNB demnach keine Rede sein. Doch auch ein weiterer möglicher positiver Effekt verpuffte: Nach Bekanntwerden der vielzitierten Swap-Verluste Anfang 2006 war zwar die Hypo - noch stärker als sonst - um frisches Eigenkapital bemüht. Anstatt den Consultants-Verkaufserlös von 57 Millionen Euro (laut Bilanz) dem knappen Eigenkapital zuzuführen, schüttete die BayernLB, die 2007 die Mehrheit an der Hypo übernommen hatte, jedoch eine Sonderdividende von 50 Millionen Euro an die Alteigentümer - darunter das Land Kärnten - aus. Eine derartige Sonderdividende sei angesichts der Eigenkapitalsituation "nicht nachvollziehbar", heißt es dazu im Bericht der Nationalbank.

Neun Gesetzesverstöße

Das Urteil der Prüfer ist nicht nur, was den Consultants-Deal anbelangt, äußerst kritisch ausgefallen. Insgesamt wurden neun "wesentliche" Gesetzesverletzungen festgestellt.

Die Frage ist nun, weshalb die BayernLB trotz allem einen bekannt hohen Preis für die Hypo-Mehrheit auf den Tisch gelegt hat. Zwar wurde der Prüfbericht in seiner Rohfassung erst etwas mehr als eine Woche nach der - am 22. Mai 2007 erfolgten - Unterzeichnung des Kaufvertrags an die Kärntner Bank übermittelt. Bei einem Gespräch mit dem Gesamtvorstand Mitte Jänner hatten die Prüfer eigenen Angaben zufolge die Hypo aber bereits über "sehr konkrete Feststellungen" informiert.

Sollten die Verkäufer - etwa die Kärntner Landesholding - den Bayern vorsätzlich Probleme verschwiegen haben, könnte der Kaufvertrag angefochten werden. Es stellt sich aber auch die Frage, warum der BayernLB bei ihrer eigenen Prüfung der Hypo derlei Missstände offenbar entgangen sind.

Indes hat die Ratingagentur Moody's am Donnerstag die Bonitätseinstufung für die vom Land Kärnten garantierten Hypo-Schulden von Aa2 auf Aa3 gesenkt. Grund: die schlechtere Kreditwürdigkeit Kärntens.

Dossier - der Hypo-Skandal