Sparte für Balkan-Beteiligungen bewusst zu billig veräußert? | Staatsanwaltschaft ermittelt gegen "Verantwortliche". | Wieder Razzia bei Hypo - diesmal auch in Liechtenstein. | Wien. Der Skandal rund um die Kärntner Hypo Group Alpe Adria erreicht eine neue Dimension: Wie die "Wiener Zeitung" exklusiv in Erfahrung gebracht hat, ermittelt die Justiz nun auch wegen des sagenumwobenen Verkaufs der sogenannten Hypo-Consultants im Jahr 2007. Dies bestätigte Helmut Jamnig von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt am Freitag auf Anfrage. Es bestehe der Verdacht auf Untreue, so Jamnig.
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Über die Consultants-Sparte hat die Hypo viele Jahre lang Anteile an zahllosen Immo-Projektgesellschaften im ehemaligen Jugoslawien erworben - den Großteil davon in Kroatien. Als im März 2007 der Verkauf besiegelt wurde, war das Rätselraten über die Hintergründe groß.
Nun scheint sich die Vermutung zu erhärten, dass damals nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein dürfte. Insider sprechen gegenüber der "Wiener Zeitung" von "Packelei" zwischen der damaligen Hypo-Spitze und den Käufern. Intern sei gemunkelt worden, dass sich "manche Leute" günstig attraktive Liegenschaften sichern hätten wollen.
Bis zu zehn Jahre Haft
Den Zuschlag erhielt zunächst eine kroatische Investorengruppe. Diese soll - Eingeweihten zufolge - von Damir Farkas, dem langjährigen Chef der Hypo Consultants in Zagreb, angeführt worden sein. Später seien Teile des Projekt-Portfolios an die MPC Holding des serbischen Immobilien-Moguls Petar Matic weiterverkauft worden, heißt es. Beide haben den Deal angeblich durch Kredite der Hypo finanziert. Bessere Angebote internationaler Fonds seien ignoriert worden, obwohl diese den Kauf aus eigener Kraft stemmen hätten können, so Insider.
Dies hat nun die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen: In den vergangenen Wochen sind wiederholt ehemalige Consultants-Mitarbeiter einvernommen worden. Laut Jamnig besteht der Verdacht, dass der Verkauf absichtlich zu ungünstigen Konditionen und einem zu niedrigen Preis durchgeführt wurde - zum Schaden der Hypo. Man ermittle gegen "Verantwortliche der Bank", so Jamnig. Gemeint sind wohl ehemalige Vorstände und Aufsichtsräte. Bei einem Schaden von mehr als 50.000 Euro beläuft sich das Strafmaß bei Untreue auf bis zu zehn Jahre Haft. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich könnte der Consultants-Deal noch ordentlich für Aufregung sorgen. Anstatt sich durch den Verkauf ihres Balkan-Risikos zu entledigen, ist die Hypo damit nämlich noch tiefer in die Gefahrenzone geraten. Schuld ist die angesprochene Konstruktion des Deals: Wegen der Wirtschaftskrise könnten die Consultants-Käufer ernste Probleme bekommen, ihre Kredite bei der Hypo zu bedienen. Ein Teil des Anfangsvolumens von etwas weniger als 300 Millionen Euro dürfte zwar abbezahlt sein, das Gros ist aber wohl noch offen.
Bei der Hypo wollte man sich am Freitag mit Verweis auf das laufende Verfahren und das Bankgeheimnis weder zu den Ermittlungen rund um den Consultants-Verkauf noch zu den Balkan-Krediten äußern. Fest steht, dass die Staatsanwaltschaft generell einen Gang zugelegt hat. Am Donnerstag hat es erneut Hausdurchsuchungen bei vier Hypo-Standorten in Österreich gegeben. Zusätzlich ist diesmal auch - im Rahmen internationaler Rechtshilfe - in Liechtenstein eine Razzia durchgeführt worden. Jamnig verwies auf das "kooperative Verhalten" der Bank. Dies ist keine Selbstverständlichkeit: Die Hypo kämpft nach wie vor bei Gericht gegen die Öffnung bestimmter Unterlagen, die bei früheren Razzien beschlagnahmt worden sind.