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Die Regierung hält aus drei Gründen an ihrem Nein zum U-Ausschuss fest.
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Wien. "Null." So viel hält Sozialminister Rudolf Hundstorfer von einem parlamentarischen U-Ausschuss in Sachen Hypo Alpe Adria. Das machte er am Dienstag im Bundeskanzleramt vor seinem medialen Paarlauf mit ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner klar. Mitterlehner ging einen Schritt weiter und zog das parlamentarische Instrument an sich in Zweifel. "Der Eurofighter-U-Auschuss war ein vergleichsweise guter Ausschuss. Aber was hat der gebracht?"
Ein U-Ausschuss ist das stärkste Kontrollmittel des Nationalrates gegenüber Regierungen. Es geht um die Klärung der politischen Verantwortung, nicht um Rechts-Urteile. Die geladenen Personen müssen unter Wahrheitspflicht aussagen, Behörden Akten liefern. Die Regierung lehnt einen Ausschuss aus mehreren Gründen ab und hat am Dienstag eine alternative Untersuchungskommission durch die Ex-OGH-Präsidentin Irmgard Griss beschlossen (ohne Wahrheitspflicht).
U-Ausschlussgrund 1:
Zu wenig FPÖ
Von der Kärntner FPÖ unter Landeshauptmann Jörg Haider wurde die Lunte der finanziellen Hypo-Bombe in den 1990er Jahren angezündet. Doch die Machenschaften von Landespolitikern kann das Parlament in Wien nicht untersuchen. Dafür gibt es eigene U-Ausschüsse der Länder. Zur Kärntner Hypo haben bereits zwei Ausschüsse stattgefunden, wird die Regierung nicht müde, zu betonen. Deswegen fürchten SPÖ und ÖVP, dass sich eine erneute Untersuchung auf die Zeit ab der Notverstaatlichung der Bank im Jahr 2009 konzentrieren würde. Dadurch stünden nicht die FPÖ und die Machenschaften des verstorbenen Jörg Haider im Schlaglicht, sondern SPÖ und ÖVP mit Politikern wie den damaligen Finanzstaatssekretären Andreas Schieder (SPÖ) und Reinhard Lopatka (ÖVP) - beide heute Klubchefs im Parlament. Ex-Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) sitzt im Vorstand des Österreichischen Raiffeisenverbandes, zu dem auch die Raiffeisen-Landesbanken Oberösterreich und Steiermark gehören. Diese sind an Hypos beteiligt und profitierten von der Stabilisierung des Hyposektors durch den Steuerzahler. Prölls Nachfolgerin Maria Fekter ist Abgeordnete. Bundeskanzler zur Zeit der Übernahme der Bank war Werner Faymann. Der Angst vor der Schuldumkehr wollten Grüne, Team Stronach, Neos und FPÖ begegnen und stellten einen Antrag auf Untersuchung schon ab 2000. Allerdings soll es in dieser Phase vor allem um die Rolle der Finanzmarktaufsicht, der Nationalbank und des Rechnungshofes gehen, konkret um die Frage, warum niemand die Lunte austrat. Es stünden Experten am Pranger; für die Zeit nach 2009 hingegen aktive Politiker.
U-Ausschlussgrund 2:
Zu viel Grüne
Apropos Pranger: Wenn Regierungsmitglieder an einen U-Ausschuss denken, denken sie an einen Mann: Grün-Aufdecker Peter Pilz. "Haben Sie frühere Ausschüsse erlebt? Da ging es nicht um politische Lösungen, das waren Tribunale", sagt Mitterlehner. Als Pilz zufällig vor dem Kanzleramt vorbeispaziert, konfrontiert ihn die "Wiener Zeitung" mit dem Vorwurf, das Instrument des U-Ausschusses als dessen Vorsitzender diskreditiert zu haben. "Ich gebe eine eidesstattliche Erklärung ab, dass ich nicht in einen Hypo-Ausschuss gehe." Auch einmischen wolle er sich nicht. Er schreibt "Ich geh nicht rein" auf ein weißes Blatt Papier und setzt einen Pilz sowie seine Unterschrift darunter.
U-Ausschlussgrund 3:
Zu viel Kollision
Ein U-Ausschuss, der jetzt startet, würde mitten in die heiße Phase der Hypo-Stilllegung fallen. Außerdem laufen unzählige Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit der Bank. Beschuldigte können sich in einem U-Ausschuss der Aussage entschlagen.
Dieser Einwand greift deswegen zu kurz, weil der Hypo-Experte der Grünen, Werner Kogler, bereits vor zwei Monaten in der "Wiener Zeitung" angekündigt hat, einen Ausschuss erst dann zu fordern, wenn die Hypo-Lösung unter Dach und Fach ist. Einen Ausschuss ab Herbst befürwortet so mancher Politiker in ÖVP und SPÖ, auch wenn er es öffentlich nicht sagen möchte.
Zwei Petitionen zur Einrichtung eines Ausschusses halten bei 100.000 Stimmen. Die Regierung, die um Normalität bemüht ist und betont, mehr Gesetze in den ersten 100 Tagen auf den Weg gebracht zu haben als Regierungen zuvor, wird die Hypothek U-Ausschuss nicht so schnell los.
Detail am Rande: Hätten ÖVP und SPÖ ihre viele Jahre alte Zusage eingehalten, wonach eine Minderheit im Parlament einen U-Ausschuss einrichten kann, gäbe es ihn längst. Doch nun könnte sie die Regeln noch selbst mit der Opposition so abändern, dass kein Tribunal herauskommt.