Brexit-Generalissimo Boris Johnson sorgt für neuen Wirbel.
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London. Beträchtlichen Wirbel im Zusammenhang mit dem britischen EU-Referendum hat über Pfingsten der Wortführer der EU-Gegner auf der Insel, Londons Ex-Bürgermeister Boris Johnson, ausgelöst. Johnson erklärte, die EU verfolge ein ähnliches Ziel wie ehedem die Nazis: die Kreation eines von Deutschland dominierten mächtigen Superstaats.
Tapfer wie seinerzeit in der Hitler-Ära müsse sein Land sich gegen diese gefährliche Entwicklung wehren, sagte Johnson in einem Interview mit dem rechtskonservativen "Sunday Telegraph". Die Briten müssten erneut die Rolle der "Helden Europas" übernehmen, ihr Land vom europäischen Joch befreien und die EU vor sich selbst retten. Sonst werde es kommen wie all die Male zuvor in der Geschichte des Kontinents, als "Napoleon, Hitler und verschiedene andere" Europa "unter einer Autorität zu einen" versuchten, "bevor es wieder tragisch endet".
"Den Kompass verloren"
Auf Twitter wurde die Phrase "EU to Hitler" umgehend zum Renner. Befürworter eines britischen Verbleibs in der EU warfen Johnson hingegen vor, seinen "moralischen Kompass verloren" zu haben. Labours außenpolitischer Sprecher Hilary Benn sagte: "Nach dem Horror des Zweiten Weltkriegs hat die EU geholfen, Jahrhunderten von Konflikt in Europa ein Ende zu setzen. Wenn Boris Johnson so einen Vergleich zieht, ist das beleidigend und erbärmlich dazu."
Die frühere Labour-Ministerin Yvette Cooper meinte, Johnson bediene sich "hysterischer Behauptungen". Er spiele ein "ganz, ganz übles Spiel". Paddy Ashdown, ein Ex-Vorsitzender der Liberaldemokraten, bezeichnete Johnson als "Billig-Imitation Churchills mit einem Blechhelm auf dem Kopf".
Johnson blieb freilich fest bei seiner Interpretation. Immer wieder, meinte er, habe es in den letzten zwei Jahrtausenden Versuche gegeben, das "goldene Zeitalter" des Römischen Empire in Europa neu zu erschaffen. Dummerweise existiere aber nirgendwo "echte Loyalität zur Idee Europas". Es gebe "keine einzelne Autorität, die irgend jemand respektiert oder versteht".
Einer neuen Umfrage zufolge genießt Johnson in Sachen Europa in seiner Heimat doppelt so viel Vertrauen wie Premierminister David Cameron, der das Pro-EU-Camp anführt.
Im Interview sagte Johnson, die EU verfolge das gleiche Ziel wie Hitler, wenn auch "mit anderen Methoden". Sie habe den Deutschen gestattet, mehr und mehr Macht an sich zu ziehen, die "Kontrolle" über die italienische Wirtschaft zu übernehmen und Griechenland ganz einfach zu "vernichten". Die Italiener zum Beispiel, die früher einmal über eine stolze Autoproduktion verfügt hätten, seien "absolut zerstört worden durch den Euro - wie es die Absicht der Deutschen war". Der Euro sei "zu einem Mittel geworden, mit dem eine überlegene deutsche Produktivität sich einen absolut unschlagbaren Vorteil gegenüber der ganzen Eurozone hat verschaffen können". Die Briten müssten all dem jetzt Einhalt gebieten. Sie hätten am 23. Juni Gelegenheit, "etwas zu stoppen, was meiner Ansicht nach außer Kontrolle gerät".
In der Pole Position
Einem Bericht der ebenfalls konservativen "Sunday Times" zufolge sieht Premier Cameron in Johnson bereits seinen Nachfolger als Partei- und Regierungschef. Während er persönlich George Osborne bevorzugt, soll er Ministerkollegen gegenüber erklärt haben, Johnson finde sich in der aussichtsreichsten Position für die Nachfolge - egal wie die Entscheidung im Juni ausfalle.
Der Vorsitzende der rechtspopulistischen Unabhängigkeitspartei Ukip, Nigel Farage, bot Johnson unterdessen seine Mitarbeit an. "Ich liebe Boris. Ich respektiere und bewundere ihn. Ich bin ein Boris-Fan", bekannte Farage. "Man hört immer wieder, das schaffe er nicht, er sei nur ein Witzbold. Aber das haben die Leute schon über Ronald Reagan gesagt. Könnte er es schaffen? Klar könnte er das."
Deutlich weniger euphorisch zeigte sich am Montag hingegen der Wirtschaftsverband CBI, der wegen der Unklarheit über den Verbleib in der EU seine Wachstumsprognose für dieses und das kommende Jahr auf jeweils zwei Prozent senkte. Viele Firmen würden derzeit bei Investionen zögern, sagte CBI-Generaldirektorin Carolyn Fairbairn.