Welche Konsequenzen drohen dem Wiener Anwalt, der hinter dem Ibiza-Video stecken soll?
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Wien. Ein Wiener Anwalt rückt in der Ibiza-Affäre zunehmend in den Mittelpunkt. Gemeinsam mit einem Münchner "Detektiv" soll er die Operation geplant haben, berichteten mehrere Medien. Wie der "Wiener Zeitung" seitens der Wiener Rechtsanwaltskammer mitgeteilt wurde, wird das Verhaltens des Anwalts bereits geprüft.
Der Jurist soll den Erstkontakt von Johann Gudenus zur "Oligarchen-Nichte", dem Lockvogel, hergestellt haben. Laut der Tageszeitung "Die Presse" hat er gegenüber Gudenus vorgegeben, dass die Frau eines von dessen Grundstücken kaufen will. Dabei soll er dem Ex-Politiker - möglicherweise gefälschte - Dokumente der Frau vorgelegt haben, um ihre Identität und Zahlungskraft zu beweisen. Das vom Münchner "Detektiv" gemachte Video soll er dann gegen Bezahlung mehreren Personen angeboten haben. Bei der Nationalratswahlen 2017 soll er der SPÖ laut "Presse" auch Bildmaterial angeboten haben, welches Gudenus und Heinz-Christian Strache angeblich beim Drogenkonsum zeigt. Die Partei lehnte ab. Wer das alles finanziert hat beziehungsweise, ob jemand Geld für das Video bezahlt, ist unklar.
Der Jurist bestreitet die Vorwürfe über seinen Rechtsvertreter. Richard Soyer, der Anwalt des Wiener Anwalts, erklärte laut "Standard", er halte fest, "dass mein Mandant weder strafbare Handlungen gesetzt noch an solchen mitgewirkt hat". Er weist sämtliche Anschuldigungen und Vorwürfe entschieden zurück", zitiert der "Standard" Soyer.
Da der betroffene Anwalt keine Person des öffentlichen Lebens ist, darf sein Name aus medienrechtlichen Gründen nicht genannt werden.
Strafrechtliche Konsequenzen
Dem Anwalt drohen strafrechtliche Konsequenzen. Sollten Reisepässe oder sonstige Dokumente gefälscht worden sein, kommen etwa die Tatbestände "Urkundenfälschung" (§ 223 StGB) oder "Fälschung besonders geschützter Urkunden" (§ 224 StGB) in Frage, so Strafrechtler Alexander Tipold.
Die Videoaufzeichnungen könnten wiederum unter "Missbrauch von Tonaufnahme- oder Abhörgeräten" (§ 120 StGB) fallen. Damit wird das Abhören von Äußerungen pönalisiert. Strafbar ist, wer ein technisches Gerät benützt, um von einer Äußerung Kenntnis zu bekommen, die nicht zu seiner Kenntnisnahme bestimmt ist. Ein Beispiel: Politiker A lässt eine Wanze in der Wohnung von Politiker B installieren, um dessen Privatgespräche abzuhören.
Spricht Politiker A hingegen mit Politiker B und nimmt er das Gespräch heimlich auf, ist er nicht strafbar. Er könnte allerdings wohl zivilrechtlich belangt werden. Strafrechtlich relevant ist aber wieder die unbefugte Weitergabe dieser Tonbandaufnahmen an einen Dritten, für den die aufgenommene Äußerung nicht bestimmt ist. Gibt Politiker A also die heimlich gemachte Aufnahme seines Gesprächs mit B an den Journalisten C weiter, könnte er sich strafbar machen.
Dient die Veröffentlichung jedoch dem "überwiegenden öffentlichen Interesse", wäre ein Rechtfertigungsgrund - und damit Straflosigkeit - gegeben, erklärt Tipold. Also etwa dann, wenn dadurch korrupte Machenschaften offengelegt werden. "Wenn es aber nur um finanzielle Interessen geht, wird das schwer zu rechtfertigen sein." Der Täter ist in jedem Fall nur mit Ermächtigung des Verletzten zu verflogen.
Über die Causa zu entscheiden hat nun die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die den Sachverhalt seit Wochenbeginn überprüft.
Rechtsanwaltskammer prüft
Andererseits stehen auch disziplinarrechtliche Konsequenzen im Raum. Die Wiener Rechtsanwaltschaft prüft mögliche Schritte, will sich zur Causa aber derzeit noch nicht weiter äußern.
"Es gibt zwei Disziplinartatbestände: die Berufspflichtenverletzung und die Verletzung von Ehre und Ansehen des Standes", sagt Gernot Murko, Präsident der Rechtsanwaltskammer Kärnten. Sowohl im Beruf als auch im Privatleben müsse ein Anwalt die Gesetze einhalten, "auch in der Vertretungstätigkeit für seinen Klienten", betont er.
Allerdings führe nicht jede Verfehlung auch zu einer disziplinarrechtlichen Verurteilung. So werde ein Anwalt, der einen Verkehrsunfall mit Körperverletzung verursache und der dabei nicht betrunken war, disziplinarrechtlich wohl nicht belangt werden. Eine Urkundenfälschung werde hingegen wohl grundsätzlich auch zu einem Disziplinarverfahren führen, so Murko. Als Sanktionen stehen unter anderem schriftliche Verweise, Geldstrafen, aber auch die Streichung von der Rechtsanwaltsliste zur Verfügung. Und selbstverständlich dürfe ein Rechtsanwalt auch politisch- aktivistisch tätig werden: "Aber auch dabei hat er sich an die geltenden Gesetze und an die Persönlichkeitsrechte anderer zu halten, betont Murko.
Detektivverband erbost
Neue Spekulationen wurden hinsichtlich jenes Mannes bekannt, der in dem Video den Begleiter der Oligarchen-Nichte unter dem Tarnnamen "Julian Thaler" mimt und in München als Detektiv tätig gewesen sein soll.
Der Mann soll im Jahr 2014 von einem "Sicherheits-Experten der Unterwelt" ausgebildet und zuvor wegen Suchtmitteldelikten verurteilt worden sein. Das behauptet zumindest besagter Experte in einem Interview auf oe24.at. Er gibt darin auch an, den Kontakt zwischen dem Detektiv und Wiener Anwalt hergestellt zu haben.
Der Detektiv wandte sich über eine Berliner Rechtsanwaltskanzlei an deutsche Medienhäuser, berichtete am Donnerstag der "Kurier".
Ihrem Mandaten sei in dieser Sache nichts vorzuwerfen, erklärte seine Anwältin darin laut dem Bericht. Er habe weder angeboten, Straftaten zu begehen noch öffentliche Ämter zu missbrauchen, noch Wahlergebnisse zu fälschen. Die medial über ihn verbreiteten Angaben seien weitgehend unzutreffend.
Erbost zeigte sich am Donnerstag der "Österreichische Detektiv-Verband" (ÖDV). Ein Detektiv dürfe nur tätig werden, wenn es ein berechtigtes Interesse des Auftraggebers gebe, etwa um einen Schaden abzuwehren, erklärte ÖDV-Präsident Lukas Helmberger. Dieses Interesse sei im Ibiza-Fall nicht gegeben, insbesondere auch deswegen, "weil mit der Verwertung der Erkenntnisse über zwei Jahre zugewartet wurde".
Zudem sei nicht im "Rahmen der ethischen Grundsätze seriöser Detektive" gehandelt worden. Denn Detektive dürften keine rechtswidrigen Handlungen provozieren. "Die handelnden Personen wurden hier aktiv in eine Falle gelockt und möglicherweise auch vorsätzlich in einen enthemmten Zustand versetzt, um ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen. Dies wiederum widerspricht dem Grundsatz, das Fehlverhalten nicht selbst herbeizuführen oder zu begünstigen", meinte Helmberger.