Ex-Außenministerin Kneissl gab Einblicke in ihre Inseratenpolitik, Öbag-Aufsichtsratschef verteidigte Schmids Bestellung.
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Inserate gegen wohlwollende Berichterstattung: Damit habe sie Schluss machen wollen, sagte Karin Kneissl am Dienstag im Ibiza-U-Ausschuss. Kneissl war unter Türkis-Blau und bis zum Misstrauensvotum gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Außenministerin. Im Ausschuss gab sie nun Einblicke in die Inseratenvergabe und Medienpolitik unter Türkis-Blau.
"Es ist nicht die Aufgabe des Außenministeriums, Verlage zu finanzieren", erklärte Kneissl. Daher habe sie unmittelbar nach ihrem Amtsantritt im Dezember 2017 das Inseratenbudget des Ministeriums um achtzig Prozent gekürzt, das damals noch bei rund 1,8 Millionen Euro lag. Das Geld habe sie lieber in inhaltliche Projekte gesteckt und etwa den Jahresbeitrag Österreichs zum Internationalen Strafgerichtshof erhöht, sagte Kneissl.
Diese Kürzungen seien auf Unmut gestoßen: "Die Reaktionen darauf waren heftig." Der damalige Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache habe sie gebeten, das Inseratenbudget entsprechend beizubehalten, meinte die Ex-Ministerin. Man habe ihr gesagt, "man findet das nicht so gut, dass ich das kürze", das werde zu schlechter Berichterstattung führen. Auf die Bitten sei sie aber nicht eingegangen: "Ich habe das abgelehnt", sagte Kneissl.
Auch seien Medien an die Presseabteilung des Außenministeriums herangetreten. So habe ihr Rainer Nowak, der Chefredakteur der "Presse", ausrichten lassen, dass sie mit dem Schritt Arbeitsplätze gefährde. Nowak bestreitet das gegenüber dem Nachrichtenmagazin "Dossier" vehement.
Es habe auch Wünsche aus der Politik für Postenbesetzungen gegeben. Der damalige Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) habe etwa vorgeschlagen, einen "Sonderbotschafter" für Mitteleuropa zu ernennen. Das habe sie abgelehnt, weil man dort bereits gut vertreten gewesen sei, sagte Kneissl. Unter ihrer Amtszeit seien die Bewerber von einer Kommission immer nach ihrer Qualifikation beurteilt worden.
"Professionelle" Bestellung
Vor Kneissl wurde Helmut Kern, Aufsichtsratsvorsitzender der staatlichen Beteiligungsgesellschaft Öbag, befragt. Hauptthema dabei war Öbag-Chef Thomas Schmid: Der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium wurde im April 2019 zum Alleinvorstand der Öbag bestellt.
Kern verteidigte die Bestellung. Das Verfahren sei "professionell" abgelaufen, hielt Kern fest. Für Schmids Bestellung seien unter anderem dessen "fachliche und persönlichen Kriterien" ausschlaggebend gewesen. Die Opposition sieht das anders. Sie hält Schmids Bestellung für eine geschobene Partie und verweist auf Nachrichten, die auf Schmids Handy sichergestellt wurden. Darin zeigt sich, dass Schmid auf den Ausschreibungsentwurf für seinen späteren Posten maßgeblichen Einfluss nahm. So ließ Schmid die Anforderung, wonach der Bewerber international erfahren sein müsse, stark abschwächen, da er nicht "international erfahren sei", wie er schrieb.
Er habe keine Wahrnehmungen dazu, dass Schmid bei Änderungen am Ausschreibungsentwurf involviert gewesen sei, erklärte Kern. SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer wollte von Kern wissen, ob er denn mit Schmid über die nun aufgetauchten Nachrichten gesprochen habe. Nein, denn es sei nicht Aufgabe des Aufsichtsrates, Zeitungsberichte mit Mitarbeitern zu besprechen, sagte Kern. Er betonte mehrfach, dass er sich bei seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat mit wichtigeren Dingen als Chatnachrichten zu beschäftigen habe.
Duden und Strafgesetz
Krainer zeigte sich darüber erstaunt, es habe sich hier ja um eine Manipulation der Ausschreibung gehandelt. Empört schaltete sich ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger ein und beschwerte sich über den Begriff Manipulation, der unterstellend sei. Das sah auch der Ausschussvorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) so.
Das Wort Manipulation passe laut dem Duden sehr wohl auf einen solchen Vorgang, erwiderte Krainer. Hanger schoss zurück: Krainer solle "im Strafrecht und nicht im Duden nachschauen": "Manipulation ist ein Begriff aus dem Strafrecht." "Um welches Strafdelikt handelt es sich denn?", wollte Nationalratsabgeordneter Christoph Matznetter (SPÖ) wissen. Nach weiterer Debatte klärte der Verfahrensrichter und pensionierte Richter Wolfgang Pöschl die Sachlage auf: "Mir ist ein Tatbestand, in dem das Wort Manipulation vorkommt, nicht bekannt." Die Verwendung des Wortes in einer Frage sei aber unterstellend und damit nicht zulässig.
Derartige Diskurse gab es am Ausschusstag noch zuhauf. Nationalratsabgeordneter Markus Graf (FPÖ) führte die Debatten auf das lange Tragen des Mund- und Nasenschutzes zurück. Dieser führe zu einem Sauerstoffmangel und dazu, dass man aneinander vorbeirede. Man möge daher öfter Pausen machen, forderte der Freiheitliche. Sobotka versprach, dem nachzukommen, obwohl Graf "die Maske ohnehin nicht trägt".
Abendessen mit Schmid
Krainer erkundigte sich zu einem Abendessen zwischen Kern und Schmid im März 2019. Es fand kurz vor Schmids Bestellung und der Anhörung der anderen Kandidaten statt. Kern rechtfertigte das Treffen damit, dass Schmid damals Generalsekretär im Finanzministerium war und er mit ihm über Beteiligungen gesprochen habe. Themen, die Bewerbung betreffend, schloss er aus. Mit anderen Kandidaten sei er nicht essen gewesen, so Kern.
Kern gab an, dass Schmid nicht abberufen worden sei, weil die Abberufung einen größeren Schaden dargestellt hätte als sein Verbleiben. So hätte eine Abberufung einen handlungsunfähigen Vorstand und eine Lawine an Rechtskosten mit sich bringen können. Schmid wird noch bis Ende März 2022 Öbag-Chef bleiben: Sein Vertrag endet dann, Schmid hat angekündigt, ihn auslaufen zu lassen.
Debatte um Anzeige
Zu einer hitzigen Debatte führte dann noch eine eingebrachte Anzeige gegen den Kabinettschef von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Bernhard Bonelli. Er war am Dienstag ebenfalls als Auskunftsperson geladen. Sowohl die Verfahrensanwältin als auch der Verfahrensrichter sprachen sich zunächst gegen eine Befragung aus. "Ich bin der Meinung, dass man jedem Menschen ein faires Verfahren zubilligen muss", erklärte Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl. Die Opposition akzeptierte die Rechtsansicht nicht.
Unmittelbar vor Beginn der Befragung hatte Verfahrensanwältin Barbara Weiß darüber informiert, dass eine Strafanzeige gegen die Auskunftsperson eingebracht worden sei, die der U-Ausschuss bisher nicht kenne. Man wisse über den Inhalt noch nicht Bescheid, daher könne man auch nicht sagen, "in welchem Umfang die Staatsanwaltschaft die Auskunftsperson als Verdächtigten oder Beschuldigten führt". Daher habe die Auskunftsperson das verfassungsrechtliche Recht zu schweigen, so Weiß: "Ich werde ihm dazu raten, davon Gebrauch zu machen." Dem pflichtete Pöschl bei: "Summa summarum" sei er der Ansicht, "dass wir heute wegen umfangreicher Entschlagung keine Befragung durchführen können, sondern erst wenn die Anzeige vorliegt".
Die Entschlagung sei nicht durch die Verfahrensordnung gedeckt, weil Aussagedelikte nicht darunter fielen, so die Argumentation der Opposition. Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper führte nämlich ins Treffen, dass es sich bei der betreffenden Anzeige wohl um die von ihr eingebrachte Anzeige wegen Falschaussage handle. Diese würde die Befragung keineswegs einschränken, meinte auch SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer.
Vorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) ließ das nicht gelten, denn es sei nicht gewährleistet, dass es sich dabei um die betreffende Anzeige handle. Ein klärender Anruf im Justizministerium blieb erfolglos. Zudem habe die Leiterin der WKStA angekündigt, dem U-Ausschuss innerhalb der nächsten Tage einen Bericht zukommen zu lassen. Daraufhin kam es teilweise zu lautstarken Auseinandersetzungen zwischen den Abgeordneten, woraufhin Sobotka zu einer Stehung rief. Die Befragung wurde dann fortgesetzt, was eine Abfolge an Entschlagungen Bonellis zur Folge hatte.
Anmerkung der Redaktion: Der Artikel wurde um 19:25 Uhr mit den neuesten Informationen aktualisiert.