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"Ich bin da entspannt"

Von Walter Hämmerle

Politik

Hofburg-Wahl: SPÖ-Kandidat Rudolf Hundstorfer über seine Chancen und die Bilanz als Sozialminister.


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Wien. "Ich habe keinen Plan B", versichert Rudolf Hundstorfer (64) der "Wiener Zeitung" für den Fall, dass es doch nichts wird mit dem Umzug in die Hofburg. Von Überraschungen ließ sich der Ex-Sozialminister tatsächlich selten aus der Ruhe bringen; auch nicht, als er 2007 den ÖGB mitten in der Bawag-Pleite übernehmen musste. So gesehen, dürfte er ganz gut damit leben können, dass diese Wahl keine "g’mahte Wies’n" ist. Der Privatmann Hundstorfer ist verheiratet und hat eine Tochter sowie zwei Stiefkinder.

"Wiener Zeitung": Noch nie wurde in der Zweiten Republik ein SPÖ-Kandidat zum Bundespräsident gewählt, wenn am Ballhausplatz schräg gegenüber ein roter Kanzler residierte. Auch deshalb nominierte Bruno Kreisky 1974 den parteilosen Diplomaten Rudolf Kirchschläger, der noch dazu bekennender Katholik war. Warum sollte dies nun anders sein?

Rudolf Hundstorfer: Ganz ehrlich: Diese Frage habe ich mir so nicht gestellt. Es ist doch so: Will man kandidieren oder nicht? Ich wollte und mache das. Ich habe meine Zweifel, ob diese parteipolitische Logik heute noch gilt: Die Mehrheitsverhältnisse sind ganz anders, es sitzen sechs Parteien im Nationalrat. Das alles gab es früher nicht.

Die Wahl gilt als völlig offen. Wer es in die Stichwahl schafft, lässt sich derzeit nicht prognostizieren. Was wird Ihrer Ansicht nach über Sieg oder Niederlage entscheiden?

Fragen Sie mich das nach der Wahl! Niemand weiß, was in den kommenden drei Monaten noch alles passieren wird. Es ist heute unmöglich zu sagen, was schließlich den Ausschlag geben wird.

Die Flüchtlingskrise wird diesen Wahlkampf begleiten: Können Sie den Satz von Bundeskanzler Werner Faymann unterschreiben, der sinngemäß gesagt hat, auch der 37.501. Asylwerber werde um Asyl ansuchen können, nur eben nicht in Österreich?

Die Regierung hat einen Beschluss gefasst und damit ein Signal nach innen wie nach außen gegeben. Bis es soweit ist, werden die Hotspots der EU funktionieren, hoffentlich wie angekündigt schon im Februar; es wird, so hoffe ich, das Abkommen mit der Türkei geben, am Freitag startete die Syrienkonferenz in Genf, und es wird die entsprechende UNO-Hilfe für die Flüchtlingslager in Jordanien und im Libanon geben.

Da sind allerdings viele "hoffentlich" dabei. Die Realität könnte auch ganz anders ausfallen.

Ja, aber Österreich hat ein Signal gesendet. Am Ende muss Europa das Problem gemeinsam lösen, es kann nicht sein, dass alle Staaten für sich ihre Grenzen hochfahren und Soldaten mobilisieren.

Doch genau das geschieht jetzt.

Nein, das Bundesheer ist im Assistenzeinsatz, es hilft nicht in einem militärischen Sinn, also mit Waffen. Ich wiederhole: Es kann nur eine europäische Lösung geben.

Für den Fall, dass Sie gewählt werden: Werden Sie zum Kanzler denjenigen ernennen, der über eine Mehrheit im Nationalrat verfügt? Oder spielen für Sie auch andere Aspekte eine Rolle?

Es geht um eine stabile Mehrheit im Nationalrat, abgesichert mit mehr als einem Mandat. Wer eine solche Mehrheit nachweisbar darstellen kann, den werde ich zum Kanzler angeloben.

Ist eine Minderheitsregierung für Sie eine zulässige Option?

Eine Minderheitsregierung ist per se nicht wirklich ein Ausdruck politischer Stabilität. Genau darum geht es aber bei einer Regierungsbildung: stabile Verhältnisse zu schaffen. Wenn das aus bestimmten Gründen nicht möglich sein sollte, muss man natürlich über Alternativen nachdenken, aber so weit sind wir noch lange nicht. Ich habe da einen sehr nüchternen, pragmatischen Zugang.

Es gibt begründete Zweifel an der Steuerungsfähigkeit dieser Republik: Mit SPÖ und ÖVP regieren zwei Parteien, die sich oft gegenseitig blockiern, hinzu kommt ein Föderalismus, der die Länder mit einem Vetorecht ausstattet, sie von wirklicher Verantwortung aber ausspart; und nicht einmal der Bundeskanzler kann klare Vorgaben treffen, weil er über keine Richtlinienkompetenz in der Regierung verfügt.

Es gibt Gegenbeweise, die zeigen, dass sich die Dinge sehr wohl verändern lassen. Allein in meiner Zeit als Sozialminister wurde das gesamte Pflegegeld zum Bund verlagert. Ja, es ist mitunter mühsam, aber es geht schon etwas weiter.

Soll die Position des Kanzlers gestärkt werden?

Auf diese Debatte lasse ich mich nicht ein.

Die politische Konkurrenz wirft Ihnen vor, als Sozialminister bei den Pensionen zu beschwichtigend aufzutreten und drängende Reformen aufzuschieben. Macht Sie das im Wahlkampf angreifbar?

Möglich, dass dies jemand thematisieren will, aber ich bin da entspannt. In den vergangenen Jahrzehnten war ich es, der das Sozialversicherungsgesetz ASVG am umfangreichsten reformiert hat. Zudem wurde mit der Umsetzung des Pensionskontos kein unwesentlicher Schritt gesetzt. In Wirklichkeit geht es doch darum, den Menschen Stabilität zu vermitteln und gleichzeitig die notwendigen Anpassungen zu vollziehen. Das habe ich getan und darum geht es auch für die Zukunft.

Was spricht gegen eine Koppelung des Antrittsalters an die Lebenserwartung, zumal ja auch die Ausbildungszeit immer länger wird?

Es gibt kein Land, das dies tut. Es geht um Planbarkeit für die Menschen wie auch die Unternehmen. Und vor allem gibt es andere Hebel als das Antrittsalter: Warum gehen 35 Prozent der Frauen nicht aus dem Erwerbsleben in die Pension? Bei den Männern sind es 25 Prozent. Warum haben im vergangenen Jahr 50.000 Personen einen Antrag auf Invaliditätspension gestellt? Das sind die entscheidenden Fragen.

Was werden Sie machen, wenn Sie nicht Bundespräsident werden?

Ich habe keinen Plan B. Das wird dann entschieden, wenn sich die Frage stellt.