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"Ich bin die Beste"

Von Teresa Reiter

Wirtschaft
IBM-Österreich-Chefin Tatjana Oppitz (l.) und Brigitte Bach (M.) vom Austrian Institute of Technology diskutieren, wie Frauen die Gläserne Decke durchbrechen können.
© Schiffl

Österreichs Top-Managerinnen über Karriere-Strategien für Frauen.


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Wien. Selten hat eine Diskussionsrunde so viele hochqualifizierte weibliche Führungskräfte gesehen, wie beim Women Leadership Forum 2014, zu dem namenhafte österreichische Unternehmen, wie die Verlagsgruppe News, die OMV und ÖBB luden. Sie sind um kein Wort verlegen, bringen bestimmt und humorvoll ihre Botschaft hinüber. Keine entspricht dem Feindbild der machtgierigen Eiskönigin. Sie haben Kinder, Ehemänner und am wichtigsten von allen: einen Job, von dem andere nur träumen.

Weltweit gelingt nur wenigen Frauen, was sie schafften: der Sprung an die Unternehmensspitze. Dabei würden viele Top-Managerinnen über einen Führungsstil verfügen, der vor 25 Jahren noch als Idealbild künftiger Management-Qualifikationen gepriesen wurde, sagt die US-amerikanische Beraterin für Führungskräfte, Sally Helgesen. "Frauen, die in einflussreichen Positionen sitzen, haben oft gemein, dass sie Beziehungen als primären Grundwert für ihren Führungsstil sehen. Sie haben kein Problem mit anti-hierarchischer direkter Kommunikation und sie führen lieber aus dem Zentrum des Unternehmens als von oben herab", so Helgesen. Eine weitere Tugend sei, dass diese Frauen großen Wert darauf legen, als CEO die gleiche Person zu sein wie als Freundin, Schwester, Mutter oder Ehefrau und sich nicht künstlich bemühter Härte zu zeigen, wo es nicht angebracht sei.

Allerdings gäbe es auch Themen, bei denen sich nicht nur Gesellschaft, sondern auch die Frauen verbessern könnten. Ein zentrales Thema sei Sichtbarkeit, sagt etwa die frühere Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky. Frauen würden dazu tendieren, in zweiter Reihe stehend darauf zu warten, dass jemand ihre Arbeit bemerkt. "Man wird Sie erst sehen, wenn Sie knallhart sagen: ,Ich bin die Beste‘, egal ob das jedem recht ist, oder nicht", so Kdolsky.

Defizite gäbe es auch beim Netzwerken. So glaubten Frauen oft, sie müssten erst Experten auf einem Gebiet werden, bevor sie sich in die Welt hinauswagen. Auf diese Weise verlören sie viel Zeit, in der männliche Konkurrenten wertvolle Geschäftsbeziehungen knüpfen, egal ob sie ihr Wissen auf einem Gebiet perfektioniert haben oder nicht, so Führungsberaterin Helgesen. Harald Katzmair von FAS Research fügt hinzu, dass Frauen oft zu homogene Netzwerke knüpfen, während Männer nach breiter gestreuten Kontakten suchen. Er rät zu strategischerem Netzwerken: "Finden Sie einen gemeinsamen Zweck, mit nicht mehr als fünf anderen Menschen, treffen Sie sich regelmäßig." Es sei auch wichtig, Menschen von verschiedenen Enden desselben Spektrums zu versammeln, um Information von außerhalb des eigenen Tätigkeitsbereichs zu bekommen. Andrea Kdolsky wiederum weist daraufhin, dass man diese Kontakte aber auch nutzen müsse, sobald man sie habe. Sie sagt: "Frauen bitten ungern um Gefallen. Auch ich musste das erst mühsam erlernen."

Niemals defensiv werden

Auch Kommunikation im Beruf müsse bewusster erfolgen, so Helgesen. Frauen seien oft stolz auf die Fähigkeit zum Multitasking, damit nähmen sie sich aber selbst die Chance, zu hundert Prozent präsent zu sein. Präsenz und Konzentration seien aber in der Geschäftswelt landeskulturübergreifende Tugenden, die einem überall auf der Welt Respekt eintragen würden. Weiters würden Frauen sich oft zu schnell zu einem defensiven Ton provozieren lassen. "Stellen Sie sich vor, eine Frau macht in einer Konferenz einen Vorschlag und niemand hört ihn. Eine Minute später macht ein Mann denselben und plötzlich sind alle Augen auf ihn gerichtet. In so einer Situation ist es wichtig, nicht mit Sätzen wie ‚Habe ich doch gerade gesagt‘ zu reagieren", so Helgeson. Stattdessen sollte man als Frau in einer solchen Situation antworten: "Ich bin froh, dass Sie das ebenso sehen wie ich und sich meinem Vorschlag anschließen."

Doch auch von Unternehmensseite gäbe es allerlei Aufholbedarf. Tatjana Oppitz, CEO von IBM Österreich, betont die Wichtigkeit von Mentoring innerhalb eines Unternehmens. Man müsse die Karriere jeder einzelnen Mitarbeiterin und jedes Mitarbeiters im Auge haben und Mentoring in der Unternehmenskultur leben. Viele Firmen, so Oppitz, neigen aber dazu, solche Themen auszulagern. Corinne Gabler, CEO von Nestlé Österreich, beklagt wiederum die Zurückhaltung der Frauen bei Jobangeboten. "Wir wollen ja, dass die Frauen Karriere machen, aber sie wollen nicht." Gleichberechtigung sei ein Wettbewerbsvorteil und Unternehmen müssten einen Blick dafür entwickeln, ob eine Frau, die es sich vielleicht selbst noch nicht ganz zutraut, die beste Kandidatin für eine Stelle ist. Brigitte Bach, Leiterin der Energie-Abteilung des Austrian Institute of Technology, ist der Meinung, dass Unternehmen mehr Druck machen sollten, wenn sie eine geeignete Person im Auge haben, um sie für den Job zu gewinnen.

"Rabenmütter" gibt es nur hier

Michaela Huber, Senior Vice President für Firmenkommunikation und Nachhaltigkeit bei der OMV, will schon in den Familien ansetzen. Es gehe nicht um Förderung, sondern um Selbstbewusstsein. Man müsste bei der Kindererziehung den Ansatz verfolgen: Was mein Sohn kann, muss auch meine Tochter können.

Gabler bringt auch das Thema Familienplanung auf den Tisch. "Frauen, die Familie haben und später aber in die Vollzeit zurückkehren und Karriere machen wollen, müssen das dem Unternehmen mitteilen. So etwas ist möglich, das Unternehmen muss sich nur darauf einstellen", sagt sie. Gleichzeitig fordert sie einen Ausbau der Support-Struktur für arbeitende Mütter. Es müsse etwa mehr Kindergartenplätze geben. Außerdem sei die Einstellung gegenüber arbeitenden Müttern in Österreich feindseliger als in anderen Ländern: "Das Wort Rabenmutter gibt es nur auf Deutsch", sagt Gabler. Sie sagt auch: "Von den vier Bereichen Zeit für sich selbst, eine gute Ehe, Kinder und Top-Job muss man einen streichen. Alles vier geht einfach nicht. Ich zum Beispiel habe überhaupt keine Zeit für mich selbst."

Michaela Huber antwortet: "Man kann nicht alles schaffen. Aber man kann ja den Kuchen für die Volksschulfeier auch manchmal beim Billa kaufen, statt ihn selbst zu backen." Wenn man Frauen einen guten Job anböte, höre man oft die Antwort, dass es nicht der richtige Zeitpunkt sei, so Huber. Ihr Rat: "Nehmen Sie den Job einfach an. Den richtigen Zeitpunkt gibt es nicht."