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"Ich bin ein grenzenloser Optimist"

Von Stefan Janny

Reflexionen
Hartlauer: "Fernsehen ist ein sehr oberflächlicher Zeitvertreib, und das Leben ist zu kurz, dass man sich oberflächlich die Zeit vertreibt." Foto: Wakolbinger

Keine Umsatzrückgänge wegen Krise befürchtet. | Geschäftsmodell für Zahnkliniken nicht mehr profitabel. | "Wiener Zeitung": Handelsunternehmen im Allgemeinen und der Elektrohandel im Besonderen scheinen in Zeiten der Wirtschaftskrise verstärkt zum Mittel der Rabatte zu greifen.


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Robert Hartlauer: Das sehe ich nicht so.. .

Ihr Mitbewerber Cosmos wirbt damit, den Kunden die halbe Mehrwertsteuer zu schenken.

Schauen Sie sich unseren Katalog an, da gibt es für viele Produkte Nachlässe von 20 oder 25 Prozent. Das war aber schon vor einem Jahr so und vor zwei Jahren oder drei Jahren ebenfalls: Preisnachlässe und Rabatte sind in der Elektronikbranche normal. Das hat nichts mit der Finanzkrise zu tun.

Ich akzeptiere nicht, dass man sich in allem auf die Krise ausredet. Einige Branchen wie Immobilien oder Autos sind auch in Österreich massiv betroffen. Aber den klassischen Handel berührt das noch nicht und wird es, so lange die Arbeitslosigkeit nicht massiv nach oben geht, auch nicht berühren.

Aber wenn hier in Steyr die Mitarbeiter von MAN oder BMW kurzarbeiten, verdienen sie weniger und überlegen es sich vermutlich zweimal, gerade jetzt eine neue Digitalkamera zu kaufen.

Ich habe da eine andere - vielleicht provokante - Einschätzung: Wenn ich bei Kurzarbeit 90 Prozent des Gehalts bekomme, aber mehr Freizeit habe, werde ich auf große Investitionen verzichten. Aber die kleinen Dinge werde ich mir weiterhin leisten: einen Kinobesuch, ein neues Handy, eine neue Kamera - die kleinen Freuden des Lebens. Ich bin ein grenzenloser Optimist und sehe vor allem die Chancen. Ich bin nicht bereit, nur von Negativszenarien auszugehen. Wenn ich das wäre, dürfte ich kein selbständiger Unternehmer sein. Natürlich gibt es Risiken, aber die sind ohnehin immer da.

Aber die Risiken sind doch jetzt größer geworden?

Ich glaube nicht, dass sie in meiner Branche größer geworden sind. Für andere Branchen wird das zutreffen, aber ich bin nicht im Autozuliefergeschäft. Da würde ich jetzt auch nicht lachen, sondern mit eingezogenem Kopf sagen: Es ist wirklich heftig.

Außerdem wird ein Privatunternehmen, das eine langfristige Strategie verfolgt, von der Krise nie so stark betroffen sein wie ein börsenotierter Konzern, der Aktienkurs und Quartalsergebnisse im Auge haben muss. Als privater Unternehmer kann ich sagen: Heuer sind meine Erträge geringer, oder ich habe gar keinen Gewinn - das ist meine Entscheidung, da muss ich mich niemandem gegenüber rechtfertigen.

Seiner Hausbank gegenüber muss sich auch ein privater Unternehmer rechtfertigen.

Wenn man von einer Bank abhängig wäre - das bin ich aber nicht. Daher muss ich mich meiner Bank gegenüber nicht rechtfertigen. Ich bin ein freier, selbständiger Unternehmer und stehe wirtschaftlich gut da.

Ich kann entscheiden, ob ich heuer Erträge brauche. Ich kann sagen: Wir haben ein halbes Jahr Flaute, das tauchen wir durch. Bis vor kurzem ist man ja blöd angeschaut worden, wenn man fest gearbeitet, geschwitzt und damit man ein bisschen verdient hat, während andere mit irgendwelchen Finanzgeschäften Geld gescheffelt haben. Ich glaube, dass solide, saubere, ehrliche Schweißarbeit wieder an Stellenwert gewinnt.

Aber Sie werden ja wissen, wie sich Ihre Umsätze in den vergangenen Monaten im Vergleich zum Vorjahr entwickelt haben.. .

Ich weiß es, aber ich sage es nicht, weil ich es nicht sagen muss. Weil ich ein privater Unternehmer bin. Meine Quartalsumsätze sind mein persönliches Geheimnis und das meiner Führungscrew.

Die aktuellen Umsätze werden aber wohl nicht besser als 2007 gewesen sein.

Wieso gehen Sie davon aus?

Weil das der allgemeine Trend im Elektrohandel ist.

Das kommentiere ich nicht, sonst könnte ich gleich die konkreten Zahlen nennen. Aber wenn ich eine so grundpessimistische Einstellung hätte, müsste ich es ja bleiben lassen! Wir haben wunderbare Produkte, die herrlichsten Digitalkameras, die neuesten Handys, die schönsten Brillen. Ich habe Kunden, die das kaufen wollen. Warum soll ich jammern und davon ausgehen, dass alles schlechter wird? Bei diesem Spiel mache ich nicht mit. Ich sehe auch fast nicht mehr fern und lese fast keine Zeitungen, weil ich die ständig negative Sicht der Dinge nicht aushalte. Ich glaube, die Sonne wird schneller wieder scheinen, als man denkt. Man muss das Positive sehen und wollen, dann ist man glücklich, zufrieden, lacht und hat Erfolg.

Sie meiden nicht nur selbst den Konsum von Zeitungen und TV, Sie raten auch Ihren Mitarbeitern, anstatt am Abend fernzusehen, sich im Detail über die Produkte, die sie verkaufen, zu informieren.

Als zweite Variante schlage ich ihnen vor, sich mit wenigen ausgewählten Menschen zu unterhalten.

Für einen Unternehmer, der viel TV-Werbung macht und Fernseher verkauft, ein interessanter Widerspruch.

Der Verkauf von TV-Geräten ist für uns ein ganz kleiner Bereich. Ich habe einen Fernseher daheim und schaue mir Spielfilme an, auch Dokumentationen.

Aber ich habe keinen Fernseher im Wohnzimmer. Meine Kinder haben noch nie ferngesehen. Fernsehen ist ein sehr oberflächlicher Zeitvertreib, und das Leben ist zu kurz, dass man sich oberflächlich die Zeit vertreibt. Ich arbeite viel, aber ich kann nicht behaupten, dass ich in meinem Leben zu wenig Zeit hätte. Vielleicht ist der Grund, dass ich die zwei, drei Stunden, die andere Leute am Tag fernschauen, besser nutze. Und diesen Rat gebe ich auch meinen Mitarbeitern.

Sie bieten Ihren Mitarbeitern Golf- und Wein-Seminare an, was beim Handy- oder Brillenverkauf vermutlich wenig Nutzen bringt.

Das stimmt nicht. Manche Konsumenten sind Golfspieler und wollen sich mit Mitarbeitern darüber unterhalten, was die beste Gleitsichtbrille fürs Golfen ist und wie man beim Golfen fotografiert. Da ist es wichtig für den Verkäufer, dass er das Thema Golf kennt. Ich spiele nicht Golf, aber wenn ein Mitarbeiter seine Platzreife machen will, dann unterstütze ich das.

Bleibt aber der Widerspruch, dass Sie als TV-Abstinenzler viel Geld dafür bezahlen, um TV-Werbung zu betreiben.

Weil immer noch viel Fernsehen geschaut wird - aber es wird ohnedies weniger. Jugendliche sehen heute tendenziell bereits viel weniger fern. Die Preise für TV-Werbung gehen nach unten und werden im Verhältnis zu anderen Medien billiger. Aber es ist immer noch ein Massenmedium, mit dem ich potenzielle Kunden erreiche.

Jugendliche sehen unter anderem deshalb weniger fern, weil sie viel Zeit vor dem Computer und mit diversen Konsolenspielen verbringen, die Sie ja auch verkaufen.

Ich bin ein großer Fan von Konsolenspielen.

Was spielen Sie?

Ich spiele "Gran Tourismo" auf der Play Station 3 mit Lenkrad und Gangschaltung. Natürlich ist es nicht das Ziel, dass ein Kind tagein, tagaus vor einer Videokonsole sitzt. Und extreme Schießspiele finde ich für Kinder bedenklich.

Ansonsten, wenn man sich die Konsole Wii von Nintendo anschaut, wo man Golf oder Tennis spielen kann, wo man als Familie miteinander spielt, wo es Boards zum Anschließen gibt, auf denen man Fitness-Übungen machen kann, das sind schon klasse Unterhaltungsdinge, die zumindest eins verlangen: Aktivität. Fernsehen hingegen ist Passivität. Ich befürworte alles, was aktiv ist.

Wenn ich es richtig sehe, benutzen Sie ein iPhone. Ist es für Österreichs größten Handy-Händler das derzeit beste Handy?

Ich habe mehrere unterschiedliche Handys, aber für mich, bei meinem Nutzerverhalten, ist es momentan das Lässigste.

In welcher Branche sind Sie eigentlich tätig? Brillen und Handys haben ja nicht viel miteinander zu tun.

Wir sind in drei Kernbereichen tätig: Foto und Ausarbeitung, Optik und Hörgeräte, Handy und kleine Elektronik. Ich bin der größte Fotohändler, der größte Handy- händler und der größte Optiker Österreichs.

Wie würde Ihr Unternehmen heute dastehen, wenn Ihr Vater nicht ins Brillengeschäft eingestiegen wäre?

Darüber habe ich nie Berechnungen angestellt, ich weiß es also nicht. Wir sind seit 20 Jahren in diesem Bereich tätig, ich bin selbst gelernter Augenoptiker. Ich mache mir keine Gedanken darüber, was wäre wenn. Ich bin nicht der Typ, der in der Vergangenheit kramt. Ich denke lieber darüber nach, was ich morgen mache. Wir sind erst seit zehn Jahren Hörgeräteakustiker und sind auf Platz zwei in Österreich. Mein Ziel ist es, der größte Hörakustiker Österreichs zu werden.

Sie haben jahrelang versucht, die Genehmigung zum Betrieb von Zahnkliniken zu erhalten. Kürzlich haben Sie vor dem Europäischen Gerichtshof einen wichtigen Zwischenerfolg erzielt, gleichzeitig aber bekanntgegeben, dass Sie gar nicht mehr planen, Zahnkliniken in Österreich zu eröffnen.

Der EuGH hat entschieden, dass die Bedarfsprüfung nicht zulässig ist. Jetzt wird der Verwaltungsgerichtshof die negativen Bescheide der Länder Oberösterreich und Wien aufheben. Im nächsten Schritt könnte ich erneut einreichen. Dann hätte die Behörde sechs Monate Zeit zu entscheiden, was leicht auf weitere zwölf Monate hinausgezögert werden kann.

Dann müsste man nur eine einzige Sache ändern: nämlich die Bedarfsprüfung auch auf Gruppenpraxen auszudehnen. Dann müsste ich wieder zum EuGH gehen. Die EuGH-Entscheidung ist für mich eine Freude, aber sie bedeutet nicht, dass ich morgen mit dem Bau einer Zahnklinik beginnen könnte.

Sie geben also auf?

Ich nehme zur Kenntnis, dass Österreich anscheinend nicht will, dass ein heimisches Unternehmen Arbeitsplätze schafft und den Kaufkraftabfluss ins Ausland verhindert. Ich habe beschlossen, dass ich gerne in umkämpften Märkten gegen Mitbewerber kämpfe. Aber ich kämpfe nicht gerne gegen den eigenen Staat. Außerdem haben sich die Einstiegschancen in den Zahnmedizinbereich in den letzten zehn Jahren geändert.

Heute: Robert Hartlauer,

Chef der gleichnamigen

Handelskette

"Man muss das Positive sehen und wollen, dann ist man glücklich, zufrieden, lacht und hat Erfolg."