Der Sohn eines Hamas-Mitbegründers wurde in Eisenstadt der Mitgliedschaft einer Terrororganisation freigesprochen.
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Es passiert nicht alle Tage, dass an einem Landesgericht ein Terror-Prozess stattfindet, und schon gar nicht in Eisenstadt. Dementsprechend groß war auch am 22. Februardie Aufregung vor dem Prozess gegen einen 40-jährigen Palästinenser, der wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation vor Gericht stand. Das Landesgericht Eisenstadt scheint Sicherheit auf jeden Fall groß geschrieben zu haben. Schon im Vorfeld kündigte man erhöhte Sicherheitsvorkehrungen und verpflichtende Akkreditierungen an. Sogar den Namen der vorsitzenden Richterin wollte das Gericht nicht bekanntgeben.
Vor Ort war es dann doch nicht so streng. Vor dem Landesgericht standen fünf Polizisten, einer von ihnen spielte mit einem Diensthund. Auch im Gerichtsgebäude war die Stimmung eher entspannt. Der Angeklagte Suheib Y. wurde dafür wieder streng bewacht und von einer Handvoll Justizwachebeamten in stichsicheren Westen vorgeführt.
Auf den Spuren des "grünen Prinzen"
Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, Teil der Hamas und damit einer terroristischen Vereinigung zu sein. Als Beweise präsentierte die Staatsanwaltschaft vor allem Aussagen des Angeklagten selbst, der darüber in Interviews und Videos erzählte. Besonders brisant ist, dass sein Vater einer der Mitbegründer der Hamas ist. Trotz alldem bekannte sich Y. nicht schuldig. Doch wieso, wenn er öffentlich als Hamas-Mitglied auftrat?
Suheib Y. sagte in mehreren Vernehmungen zur Polizei, dass er für die Hamas, aber auch für die israelischen Geheimdienste gearbeitet habe. In der Türkei sei er in einem großen Büro für den militärischen Arm der Hamas tätig gewesen und habe Informationen gesammelt. Alles eine Lüge, meint der Angeklagte heute. "Ich bin ja nicht James Bond." Er habe sich das alles nur ausgedacht, um in Europa Asyl zu bekommen, nachdem er zuvor erfolglos in Deutschland, Ungarn und den Niederlanden darum angesucht hatte. Die Staatsanwältin fragte ungläubig: Er lüge sich etwas zusammen und riskiere damit, zum Ziel der Hamas zu werden?
Die Idee dazu hatte er von seinem großen Bruder, der es ähnlich gemacht hat. Er war die rechte Hand seines Vaters, später Hamas-Aussteiger, der über die Vorgänge in der Terrororganisation berichtete und 2010 ein Buch schrieb, das 2014 verfilmt wurde ("Green Prince", dt. "Der grüne Prinz"). Seine Geschichte ging um die Welt, er schaffte es nach Amerika und erhielt dort einen Aufenthaltsstatus. "Ich habe das, was mein Bruder gemacht hat, nachmachen wollen", sagte der Angeklagte zur Richterin.
Er sei unwissend gewesen, ein Idiot, als er gelogen habe, um einen Asylstatus zu bekommen, sagt der seit 16 Monaten in U-Haft sitzende 40-Jährige. Mit der Zeit habe er erkannt, wie dumm seine Aktion war, und seine Geschichte geändert. Die mache ja auch gar keinen Sinn, sagt Suheib Y. heute. "Was hat ein Koch mit Raketen zu tun", fragte er mehrfach in den Raum, als er mit früheren Aussagen konfrontiert wurde. In seiner Befragung redete er sich immer wieder selbst in Rage, mehrmals sprachen Richterin, Dolmetscherin und Angeklagter durcheinander. Sehr zum Missfallen der Protokollführerin.
Schöffensenat berät nur kurz
Sein Anwalt berief sich unterdessen darauf, dass die Ermittlungen keine Verbindungen zwischen dem Angeklagten und der Hamas ergeben haben. Interpol hätte gesagt, dass sein Vater bei der Hamas ist, nicht Suheib Y., so der Verteidiger. Und Israel habe nur gesagt, dass der Angeklagte in Isreal wegen illegalem Aufenthalt im Gefängnis war. "Er hat gesehen, dass die Geschichte seines Bruders funktioniert, und wollte es deshalb auch probieren", fasst er zusammen. Auch ein Beamter des LVT sagte aus, dass man die Aussagen von Suheib Y. nicht bestätigen konnte.
Die Beratungen des Richterduos mit den zwei Schöffen dauerte nur wenige Minuten und kam zum Urteil: Suheib Y. ist bzw. war kein Mitglied der Terrorvereinigung Hamas und damit nicht schuldig. Er wurde nach 16 Monaten Untersuchungshaft freigesprochen. Er wurde noch am selben Tag enthaftet. Die Richterin erklärte, dass es Zweifel an der Schuld des Angeklagten gab. Er habe zwar mehrfach widersprüchliche Angaben gemacht, es gebe aber "keine gesicherten Informationen", die einen Schuldspruch stützen würden. "Es fehlt das Tatsachensubstrat", sagte sie. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Staatsanwältin behielt sich alle Rechtsmittel offen.