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"Ich bin Politiker, kein Diplomat"

Von Brigitte Pechar

Politik

Lopatka soll Spindelegger in allen Angelegenheiten vertreten können.


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Wien. Außenminister Michael Spindelegger präsentierte Reinhold Lopatka am Donnerstag in einer Pressekonferenz offiziell als seinen künftigen Staatssekretär im Ressort. Noch ist Lopatka nur Abgeordneter - er muss warten, bis Noch-Staatssekretär Wolfgang Waldner als Landesrat in Kärnten eingesetzt wird. Lopatka wird wie Waldner den Außenminister in allen Angelegenheiten vertreten können. Würde er nur Europa-Staatssekretär, dürfte er für seinen Chef zum Beispiel nicht zu UNO-Konferenzen fahren.

Außerdem berichtete Spindelegger, dass er den EU-Staaten einen schriftlichen Vorschlag für einen Ausschluss von Staaten aus der Eurozone, die sich nicht an Budgetregeln halten, übermittel wird. Es gehe darum, "dass ein Fall Griechenland nicht wieder vorkommt. Dau braucht es Regeln, die mehr Zähne haben", sagte der Minister.

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"Wiener Zeitung":Haben Sie sich über die Anfrage Ihres Parteiobmanns, zu ihm auf den Minoritenplatz zu wechseln, gefreut?

Reinhold Lopatka: Ja, sehr. Der Anruf kam überraschend, hat mich aber nicht unvorbereitet getroffen. Denn immerhin bin ich seit beinahe zwei Jahren Europasprecher der ÖVP im Nationalrat. Ich kenne auch noch aus meiner Zeit im Finanzministerium, wo ich mit internationalen Angelegenheiten betraut war, das Brüsseler Parkett.

Sie gelten als Schüssel-Mann. Ist das so und wie stehen Sie dazu?

In jeder Gemeinschaft kommen und gehen Menschen - auch in einer Partei. Es gibt Politiker, die einen prägen und von denen man lernen kann. Für mich waren das zwei Menschen: Altlandeshauptmann Josef Krainer und Wolfgang Schüssel. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass unter dem Strich - ohne die Schattenseiten verschweigen zu wollen - die Ära Schüssel gut für den Wirtschaftsstandort war. Das soll keine Reinwaschung all der Vorwürfe, die im Untersuchungsausschuss behandelt werden, sein. Aber ich verwahre mich auch gegen Vorverurteilungen.

2013 sind Nationalratswahlen. Wie wichtig ist es für die ÖVP, sich von dem Mühlstein Schwarz-Blau zu befreien? Braucht die ÖVP einen Bruch mit dieser Zeit?

Ich habe schon einige Wahlkämpfe gemacht. Diese sind immer in erster Linie von den Menschen her eine Anzahlung an die Zukunft. Das wichtigste Gut für einen Politiker ist dabei seine Glaubwürdigkeit. Nur der Humus der Glaubwürdigkeit kann das Wachstum des Vertrauens fördern. Michael Spindelegger hat mit seinem Handeln seine Glaubwürdigkeit erhöht.

Sie meinen den Ehrenkodex?

Ja, das ist ein sehr gutes Instrument. Ich bin sicher, dass andere Parteien diesem Beispiel folgen müssen.

Es gab ja durchaus schon Gelegenheit, den Kodex anzuwenden - etwa im Fall des Kärntner ÖVP-Obmannes Josef Martinz.

Martinz war für die ÖVP sicherlich eine Lehre. Ich plädiere dafür, dass an dem Tag, wo eine Anklage da ist, die politische Funktion zu ruhen hat. Allerdings nicht, wenn es nur Ermittlungen gibt. Da muss man unterscheiden.

Sie gelten als sehr politischer Mensch, während Staatssekretär Waldner aus der Diplomatie gekommen ist.

Ich bin Politiker und kein Diplomat. So wie sich Waldner in die politische Welt einleben musste, werde ich mich in der diplomatischen einleben.

Sind Sie sprachlich für das internationale Parkett gerüstet?

Ich spreche Deutsch mit einem steirischen Idiom, Englisch, Russisch, das ich in der Schule gelernt und im Land erprobt habe und mein Französisch reicht für alltägliche Gespräche.


Was werden Ihre ersten Aufgaben im Staatssekretariat sein?

Ich werde Minister Spindelegger bei seiner Arbeit in jeder Hinsicht unterstützen. Eine große Aufgabe wird die Verhandlung des mehrjährigen Finanzrahmens - des EU-Budgets - sein. Wichtig wird auch sein, den Menschen wieder Vertrauen in das Projekt Europa zu geben. Österreich profitiert enorm von der Union. Es muss deutlich sein, dass eine gute Außen- und Europapolitik auch Einfluss auf die Beschäftigung im Land hat. Schließlich verdienen wir sechs von zehn Euro durch Export, wobei 70 Prozent des Exports in EU-Staaten gehen. Ich stelle mich massiv jenen Retropolitikern entgegen, die glauben, mit Rezepten der Vergangenheit die Herausforderungen der Zukunft angehen zu können. Diese EU-Kritiker will ich alt aussehen lassen.

Wohin führt Sie Ihre erste Reise?

Nach Brüssel.

Nachlese:
Reinhold Lopatka: Comeback für einen Polit-Junkie

Reinhold Lopatka (52)

Der promovierte Jurist war mit 26 jüngster steirischer Landtagsabgeordneter. Lopatka leitete als Landesgeschäftsführer und Bundesgeschäftsführer mehrere Wahlkämpfe. 2007 bis 2008 war Lopatka Sport-Staatssekretär im Bundeskanzleramt, danach war er bis 2011 Staatssekretär im Finanzministerium.