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"Ich bin Saddam Hussein, Iraks Präsident und will verhandeln"

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Das amerikanische Nachrichtenmagazin "Time" publiziert Details über die Festnahme des irakischen Ex-Präsidenten Saddam Hussein, die an Skurrilität kaum zu überbieten sind. Major Brian Reed, der Kommandant der Operation, die zur Ergreifung Saddams führte, schilderte, dass sich der Ex-Diktator mit den Worten "Ich bin Saddam Hussein, bin Präsident des Irak und will verhandeln" ergeben hat. "Präsident Bush schickt seine Grüße" war die lapidare Antwort der amerikanischen Soldaten, die mit ihren Gewehrläufen auf ihren wertvollen Gefangenen zielten.


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Saddam Hussein habe sich sofort mit erhobenen Händen ergeben, nachdem die US-Soldaten den Zugang zu seinem engen unterirdischen Versteck geöffnet hatten. "Wir glaubten nicht, dass es so einfach ablaufen würde", sagte der US-Militär James Hickey. "Wir waren auf ein Feuergefecht eingestellt und hatten den Auftrag, Saddam gefangenzunehmen oder zu töten.

Im Gegensatz zu dem, was General Ricardo Sanchez Sonntag behauptete, geht aus dem Bericht von "Time" hervor, dass sich Saddam in den ersten Verhören keineswegs kollaborationsbereit gezeigt habe.

Nach einem Bericht der "Washington Post" wurden die Grundlagen für die Festnahme Husseins vor einigen Wochen gelegt. Geheimdienstanalysten und Spezialkräfte des Militärs hätten demnach ihre Beobachtungen weg von der engsten Umgebung Saddams auf entferntere Mitglieder seines Clans gelenkt. Diese neue Strategie habe am Freitag der Vorwoche in Bagdad zur Festnahme eines Mannes aus dem Tikriti-Clan geführt, der die entscheidenden Hinweise gegeben hat, die schließlich am Samstag Abend zur Verhaftung Saddams führte. Mit Infrarot-Kameras habe man in 24 Stunden die Suche auf das Gebiet von Dawr eingrenzen können, etwa 15 Kilometer südöstlich von Tikrit.

Der Bauernhof, in dem Saddam Hussein schließlich festgenommen wurde, befinde sich in unmittelbarer Nähe jener Engstelle des Tigris, die Saddam 1959 nach dem missglückten Mordanschlag auf Premierminister Kassem durchschwommen hatte, um sich in Sicherheit zu bringen.

Die Nachricht von der Festnahme Saddam Husseins wurde von den USA 14 Stunden lang geheim gehalten. Präsident Bush erfuhr davon am Samstag Abend um 21.15 Uhr MEZ in Camp David von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Bush gab Rumsfeld den Auftrag, dass die Festnahme von Bagdad aus bekannt gegeben werden sollte. Dann wurde die interne Vorgangsweise vereinbart. Bush informierte seinen Vize Dick Cheney und Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice. Rumsfeld machte den Präsidenten darauf aufmerksam, dass man auch Außenminister Colin Powell informieren müsse, der sich unmittelbar vor einer Prostatakrebsoperation befand. Bush betraute Rice mit dieser Aufgabe.

Saddam, der nach Berichten von CNN auf einen US-Stützpunkt in Katar gebracht worden ist, wurde Sonntag im Hochsicherheitsgefängnis von Bagdad, wo er einst seine Gegner foltern ließ, mit vier hohen irakischen Politilkern konfrontiert. "Es war surreal", sagte Mowaffak Rubaie, der als Schiit dem Regierungsrat angehört.