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"Ich brauche keinen Kommissär"

Von Harald Waiglein und Sissi Eigruber

Wirtschaft

Bawag: Immer Problem, wenn mehrere zusammenspielen. | Märkte im Osten sind vergeben. | "Wiener Zeitung": Herr Generaldirektor Rothensteiner, was ist ihrer Meinung nach bei der Bawag falsch gelaufen? Bei einer Bank gibt es doch normalerweise Sicherheitsmechanismen, die verhindern, dass so viel Geld verspielt wird. | Walter Rothensteiner: Ich bin kein Intimkenner der Bawag. Ich kann nur sagen: Ich verstehe es auch nicht. Irgendjemand muss solche Geschäfte beauftragen, sonst passieren diese Dinge in einem normalen Treasury (Finanz- und Risikoabteilung) nicht.


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Ein solcher Auftrag müsste wohl aus dem Vorstand kommen?

Ich gehe davon aus. Aber ich kenne die handelnden Personen nur aus den normalen Bankgeschäften, und da waren sie vollkommen unauffällig.

Warum ist das dem Aufsichtsrat nicht aufgefallen?

Einem Aufsichtsrat kann es nicht auffallen, wenn man es ihm nicht sagt - und dasselbe stimmt für Staatskommissäre. Es stellt sich die Frage, ob das nicht überhaupt ein impossible job ist.

Stichwort Staatskommissäre: Ihr Kollege Peter Püspök, Chef der RLB Niederösterreich-Wien, hält sie für entbehrlich. Teilen Sie seine Meinung?

Wir haben schon bei der Einführung der Staatskommissäre 1979 gesagt, dass wir sie nicht wollen. Aber sie haben uns in den vergangenen 25 Jahren auch nicht geschadet. Die Frage ist nur, ob man sie institutionell braucht.

Wie würden Sie diese Frage beantworten?

Also, ich brauche sie nicht. Aber die Staatskommissäre sind nur eine Facette. Wenn zwei oder drei in einer Bank zusammenspielen und weder den Gremien noch der Aufsicht irgendetwas sagen, dann wird es immer ein Problem geben.

Ist das 450-Millionen-Euro-Rettungspaket der Banken und Versicherungen für die Bawag jetzt fertig?

Es ist kein Rettungspaket sondern eine Eigenkapitalunterstützung. Sie soll der Bank bis zum Verkauf Spielraum geben.

Was fehlt noch für die Umsetzung?

Eine testierte Bilanz 2005. Wenn es die nicht gibt, hat es keinen Sinn das Eigenkapital 2006 zu verbessern. Und wir warten auf die Genehmigung der Bundeshaftung aus Brüssel. Ohne die gibt ja auch keine Bilanz 2005. Aber vom Inhaltlichen her sind die Verträge fertig.

Und der Vergleich der Bawag mit den Klägern in den USA muss vorher stehen?

Das ist klar.

Das heißt es wird voraussichtlich noch einige Wochen dauern?

Ja. Aber das ist nicht essentiell. Die Bank macht ja weiterhin Geschäft.

Auch bei anderen Banken, wie der Hypo Alpe Adria sind große Verluste nach risikoreichen Geschäften bekannt geworden. Ist das eine allgemeine Tendenz, dass immer mehr Risiko eingegangen wird?

Ich glaube, ein Teil davon ist auf den Wahlkampf zurückzuführen. Die Themen werden größer gemacht, als sie sind. Und zweitens: Bankgeschäft ist per Definition mit Risiko verbunden. Es gibt auch das Risiko, dass uns jemand betrügt. Da helfen auch keine Staatskommissäre.

Was denken Sie sich als Obmann der Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer, wenn der Bundeskanzler sagt, der Bawag stehe das Wasser bis zum Hals?

Markig klingende Sätze sind auch außerhalb des Kontexts immer gut zum Zitieren. Auf der anderen Seite hat sich Bundeskanzler Wolfgang Schüssel massiv engagiert, damit das Bawag-Paket zustande gekommen ist. Was er wirklich gesagt hat, weiß ich nicht, ich war nicht dabei.

Aber wenn er es so gesagt hat ...?

Ich hätte es so nicht gesagt, aber mich hat keiner gefragt. Was der Kanzler sagt, muss er sich selber überlegen.

Bei der Bawag helfen jetzt alle Banken zusammen. Wofür braucht man dann die sektorale Einlagensicherung, in der Sparkassen, Raiffeisen, Volksbanken etc. in eigenen Einlagensicherungsgesellschaften zusammengeschlossen sind?

So einen Fall wie die Bawag gibt es ja Gott sei Dank nicht jedes Jahr. Und die Einlagensicherung funktioniert ja gut. Ich möchte für die Risiken in unserer Gruppe gerade stehen. Und das organisieren wir uns. Und die Volksbanken und Sparkassen machen das ganz genau so.

Ist Raiffeisen am Kauf der Bawag interessiert? Die Erste Bank und die Wiener Städtische Versicherung haben ihr Interesse ja inzwischen wieder relativiert.

Wenn es eine Bank zu kaufen gibt, dann schaut man sich das an. Aber es kann sein, dass Raiffeisen aus kartellrechtlichen Gründen da gar nicht vorkommen kann. Es stellt sich also schon die Frage, ob man überhaupt ein unverbindliches Angebot abgibt.

Themenwechsel Richtung Osteuropa. Ist die Zeit der Bankenkäufe in Zentral- und Osteuropa jetzt vorbei?

Die Märkte sind im Wesentlichen vergeben. Es gibt punktuell noch die eine oder andere Bank zu kaufen, wie zum Beispiel die CEC in Rumänien. Aber die Zeiten, wo jede Woche vier, fünf Banken auf den Markt gekommen sind, sind vorbei. Wer sich seinen Platz jetzt noch nicht gesichert hat, wird ihn nicht mehr bekommen.

Geht jetzt die zweite Verkaufsrunde los, in der bereits privatisierte Banken nochmals weiter verkauft werden?

Es gibt Banken mit viel Geld, die auch teuer einkaufen können. Unsere Banken sind in der Region gut aufgestellt. Für uns geht es jetzt darum, dort die Millionen Kunden zu gewinnen, die bisher noch kein Bankkonto hatten.

Wofür benötigen Sie die für 2007 angedachte Kapitalerhöhung?

Für das Wachstum - auch ohne weitere Zukäufe.

Wäre es möglich, dass eine internationale Bank eine im Osten gut aufgestellte österreichische übernimmt?

Da wird nicht viel zu machen sein. Die BA-CA ist wohl nicht mehr zu haben (wurde bereits samt der Mutter HypoVereinbank an die UniCredit verkauft). Die Erste Bank ist zu stark im österreichischen Kernaktionärsbereich verankert. Und wir als RZB werden von den 70 Prozent an unserer Ost-Bankengesellschaft Raiffeisen International nichts abgeben.

Die Geschäftstätigkeit der RZB-Tochter RIAG bzw. deren Beteiligung an der Gashandelsfirma RosUkrEnergo ist zuletzt in Verruf geraten. Wie können Sie sich speziell in der Ukraine und Russland dagegen schützen, mit kriminellen Machenschaften in Verbindung gebracht zu werden?

Wir haben Heerscharen von Leuten, die für uns arbeiten und jedes Geschäft prüfen. Was die Ukraine betrifft, fehlt jeder Nachweis, dass da irgendetwas faul ist. Wir tun alles Menschenmögliche, um zu verhindern, dass wir auf Gauner hereinfallen.

Wird sich die RIAG nun aus der RosUkrenErgo zurück ziehen oder nicht?

Es wird einen Ausstieg geben, aber es ist nicht gesagt, dass das bis zum Börsegang der RosUrenErgo dauert. Es kann auch früher sein.

Letzte Frage: Werden Sie irgendwann der Nachfolger von Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad sein?

Wenn sich die Frage der Nachfolge einmal stellen sollte, schließe ich das nicht aus. Man könnte dann auch über eine Parallelfunktion als Generalanwalt und RZB-Generaldirektor diskutieren. Jetzt stellt sich die Frage aber nicht. Ich habe einen Job, den ich sehr gerne mache und noch viele Jahre machen möchte. Generalanwalt Christian Konrad ist der oberste Interessensvertreter unserer Gruppe, und ich gehe davon aus, dass auch er noch einige Jahre bleibt. Von mir aus könnten wir beide auch gemeinsam in Pension gehen.