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"Ich dachte mir nicht viel dabei"

Von Heinz Jaksch

Wissen

Die digitale Welt gilt als Erfindung der vergangenen Jahrzehnte. Tatsächlich aber veröffentlichte der deutsche Physiker Max Planck am 14. Dezember vor 100 Jahren im Rahmen eines Vortrags in Berlin seine Abhandlung über glühendes Eisen, in der er das Wirkungsquantum als kleinste Energieeinheit einführte. Jede Energieübertragung geht daher eigentlich in Sprüngen - also digital - vonstatten. Die Entdeckung des Wirkungsquantums, für die Planck 1918 den Nobelpreis erhielt, gilt als Geburtsstunde der Quantentheorie.


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So exotisch die theoretischen und praktischen Forschungen rund um die Welt im Kleinsten für den Laien auch klingen mögen, sie haben mittlerweile auch das tägliche Leben entscheidend verändert. "Ohne die Quantenphysik gäbe es keine moderne Hochtechnologie, keinen Laser, keine Halbleiter und damit keinen Computer", sagt etwa der mittlerweile durch seine Teleportationsexperimente auch über die Fachwelt hinaus bekannte Physiker Anton Zeilinger vom Institut für Experimentalphysik der Universität Wien. Für die Zukunft prophezeit der Wissenschafter eine Erweiterung der Nanotechnlogie durch ganz neue "Nanoquantenmaschinen".

Reiner Zufall

Die Quantenphysik hat, so Zeilinger, aber auch zu einer völligen Revolution unseres Weltbildes geführt, die noch immer nicht voll verarbeitet sei. In der Quantenwelt gebe es Dinge, die rein zufällig geschehen, so sei etwa das Verhalten von so genannten "verschränkten Teilchen" von Albert Einstein als "spukhafte Fernwirkung" bezeichnet worden. Diese seltsamen Teilchen wurden zur Grundlage von Zeilingers Quantenteleportation.

Das Kuriose an Plancks Entdeckung vor 100 Jahren war, dass sich der Physiker der Tragweite seiner Theorie gar nicht bewusst wurde. Die Aussage: "Ich dachte mir nicht viel dabei" ist überliefert. Er wollte vielmehr erklären, warum erhitztes Eisen zuerst rot, dann weiß und schließlich blau glüht. Um seine Berechnungen zu vervollständigen musste Planck mehr oder weniger unfreiwillig eine Konstante in die Formel einführen.

Diese Konstante bedingt aber, dass Energie nicht beliebig klein werden kann, sie besteht vielmehr aus einzelnen Paketen, Quanten genannt. Wärmestrahlung ist demnach kein kontinuierlicher Fluss von Energie. Aufgrund der Größe - oder besser: der Kleinheit - der Pakete spielt die Tatsache der gequantelten Energie im normalen Leben keine Rolle, es entsteht der Eindruck einer - analogen - Stufenlosigkeit.

Verwirrende Eigenschaften

Erst im atomaren und subatomaren Bereich macht sich das Planck'sche Wirkungsquantum bemerkbar. Es wurde zur Grundlage für das, was wir heute als Atommodell und Quantentheorie kennen. So bemerkte Ernest Rutherford durch den Beschuss einer Goldfolie mit Alpha-Strahlung - nichts anderes als Helium-Kerne -, dass der überwiegende Teil der Materie eigentlich leer ist. Rutherford formulierte um 1910 das nach ihm benannte Atommodell mit einem kleinen Kern und den umgebenden Elektronen.

Niels Bohr verbesserte wenige Jahre später das Modell, er forderte fixe Bahnen für die Elektronen, die nichts anderes als Energieniveaus darstellen. Wird Energie zugeführt, kann das Elektron kurzfristig auf ein höheres Niveau springen, fällt es wieder zurück, gibt es ein Quantum an Energie ab. So gibt es für jedes Elektron in der Schale eine Bahn oder ein Niveau, auf dem es sozusagen zu Hause ist und auf dem es durch die Bewegung um den Kern auch keine Energie verliert.

Teilchen oder Wellen?

Das nächste wichtige Stück zum Puzzle der Quantentheorie fügte Louis Victor de Broglie hinzu. Er schlug vor, sich das Elektron als Welle vorzustellen, die den Kern umgibt. Der österreichische Physiker Erwin Schrödinger formulierte die Sache mathematisch aus. Damit war die Teilchen-Welle-Dualität geboren, die bis heute die Wissenschafter beschäftigt: Teilweise verhalten sich Elektronen, Photonen und Co. als wären sie Teilchen, teilweise gehorchen sie den Gesetzen einer Welle. Salopp könnte man formulieren, dass sich die Wissenschafter seither immer die Eigenschaft heraus picken, die gerade besser zur jeweiligen Problemstellung passt.

Um die Verwirrung perfekt zu machen, trat dann noch Werner Heisenberg auf den Plan. Er erklärte um 1927 - und bisher hat die Aussagen kein renommierter Wissenschafter widerlegt -, dass sich bestimmte Phänomene der Welt im Kleinsten grundsätzlich nicht genau bestimmen lassen. Nach der so genannten Unschärferelation ist es prinzipiell unmöglich, den genauen Ort und gleichzeitig den genauen Impuls etwa eines Elektrons zu bestimmen.

Verschränkte Teilchen

Mehr noch: Je genauer man den einen Wert zu bestimmen versucht, desto ungenauer wird die Messung des anderen. Dass auch hochkarätige Physiker und Nobelpreisträger ihre Schwierigkeiten mit den Theorien haben, belegt ein Zitat Bohrs: "Wer über Quantenmechanik nachdenken kann ohne wirr im Kopf zu werden, hat sie nicht wirklich verstanden."

Erst seit einigen Jahren kommt wieder Bewegung in die Sache mit der Unschärferelation: So gelang es Zeilinger mittels physikalischer Tricks, den genauen Zustand von Photonen zu bestimmen. Er arbeitet dabei mit verschränkten Teilchen, die in einem Prisma erzeugt und anschließend auf den Weg zu unterschiedlichen Orten geschickt werden. Bestimmt man etwa die Polarität eines Teilchens, kennt man auch den Zustand des verschränkten Partners. Ob damit die Unschärferelation teilweise aus den Angeln gehoben wurde, ist allerdings noch unklar.