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ÖVP-Chef froh über Einigung beim Bankgeheimnis. | Nein zu Öffnung des Arbeitsmarktes für Asylwerber. | "Die Krise erhöht den Druck für eine Verwaltungsreform." | "Wiener Zeitung": Das Thema in Alpbach lautet "Vertrauen". In Japan hat die Opposition einen Erdrutschsieg errungen, auch in zwei deutschen Bundesländern musste die CDU massive Verluste hinnehmen. Verlieren die Regierungen in Zeiten der Wirtschaftskrise an Vertrauen? | Josef Pröll: Das sehe ich nicht so. Seit die ÖVP in der Regierung ist, konnte die Volkspartei bei Landtagswahlen durchaus reüssieren.
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Und auch die Umfragen zeigen, dass die Regierenden gegenüber der letzten Nationalratswahl eher zulegen. Wir haben Zustimmungsraten in der Bevölkerung, die deutlich besser sind, als die der Vorgängerregierung, weil wir Kompetenz zeigen und die Krise meistern - das ist auch unsere Kernaufgabe in diesen Monaten. Natürlich muss man jeden Tag dafür kämpfen, das Vertrauen der Menschen nicht zu enttäuschen - und das tun ich und meine Partei jedenfalls.
Auch das Vertrauen in die EU ist nicht sehr groß. Oft entsteht der Eindruck, die nationalen Regierungen verkaufen positive Entscheidungen Brüssels als eigene Erfolge, negative als jene der EU.
Das ist eine Versuchung, der man in der Politik leicht erliegen kann. Ich persönlich halte das anders. Ich bin als Finanzminister im Finanzministerrat für die gemeinsamen europäischen Entscheidungen immer mitverantwortlich. Ich habe Europa immer sehr offensiv kommuniziert, die österreichische Volkspartei hat zur EU-Wahl einen klar pro-europäischen Wahlkampf geführt. Wir haben natürlich auch unsere Eigenheiten, die es zu argumentieren gilt - österreichische Qualitäten, die man in Brüssel umsetzen will. Man darf in Europa die eigene Identität nicht an der Garderobe abgeben, auch nicht die politische. Aber Europa ist unser Zukunftsprojekt.
Vergangene Woche haben sich Regierung und Opposition auf die Lockerung des Bankgeheimnisses geeinigt - die Opposition hat für ihre Zustimmung mehr Prüfkompetenzen für den Rechnungshofs erreicht. Wer hat da eigentlich gewonnen - die Regierung oder die Opposition?
Österreich. Österreich hat gewonnen, weil wir eine gemeinsame Lösung erreicht haben, nämlich von der "grauen Liste" der Staaten herunterzukommen und offensiv weiter in der Weltgemeinschaft mitzuspielen. Und ich danke auch der Opposition, die sich mit ihrem Verhandlungsgeschick für die Interessen Österreichs mit eingesetzt hat. Das ist nicht alltäglich und das weiß ich zu schätzen.
Ein Verhandlungserfolg der Opposition war, dass auch die kleinen Gemeinden vom Rechnungshof geprüft werden sollen. Diese Einigkeit hielt aber offenbar nur kurz.
Ich glaube, das Ergebnis der Verhandlungen mit der Opposition ist ganz klar: Wir wollen die Gemeinde-Kontrolle in Österreich neu aufstellen - gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden. Es geht um die Frage, wer welche Verantwortung hat. Gemeinden sollen künftig nicht mehr zwei-, drei- oder viermal kontrolliert werden. Vielmehr ist ein einheitlicher Gemeinde-Prüfplan auch für die kleineren Gemeinden notwendig. Wer welche Aufgabe zu erfüllen hat, das wird man in den Diskussionen sehen.
BZÖ und Grüne haben sich für Verhandlungen zu anderen Themen, bei denen eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, angeboten - zum Beispiel für die Verwaltungsreform. Werden Sie darauf zurückkommen?
Wir müssen darauf zurückkommen und wir wollen darauf zurückkommen. Die Zweidrittelmehrheit ist für einzelne wichtige Gesetzesmaterien notwendig; die Grünen und das BZÖ haben gezeigt, dass sie zwar hart verhandeln, aber auch dazu bereit sind, gemeinsam für Österreich den Weg zu gehen. Das halte ich für notwendig. Aber ich bin auch daran interessiert, dass die FPÖ in Verhandlungen mit an Bord sein kann. Ich halte viel davon, dass man mit allen Parteien ein ordentliches Gesprächsklima an den Tag legt.
Am "ordentlichen Gesprächsklima" zeigt die FPÖ aber offensichtlich kein starkes Interesse.
Jede Partei muss für sich selbst entscheiden, ob sie Verantwortung übernimmt, wenn eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist. Von mir aus steht die Gesprächsbasis jedenfalls. Allerdings nicht um jeden Preis, das ist klar.
Welchen Preis würden Sie nicht zahlen?
Das wird in den Verhandlungen zu klären sein. Wir sind auch mit BZÖ und Grünen manchmal an der Grenze des Verhandlungsabbruchs gestanden, weil die Forderungen aus unserer Sicht überzogen waren.
Ein weiterer Aufreger der vergangenen Woche war der Vorschlag von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter, Asylwerbern eine Arbeitsgenehmigung zu erteilen. Ihr Kommentar dazu?
Ich halte diese Ansage der SPÖ für ein wirkliches Problem, weil wir uns in einer der angespanntesten Wirtschafts- und Arbeitsmarktsituationen der Zweiten Republik befinden. Hier müssen wir vor allem in der aktiven Arbeitsmarkt-Politik versuchen, Arbeitslosigkeit zu verhindern. Wir können den Arbeitsmarkt nicht auch noch darüber hinaus öffnen.
Andererseits würde ein solches Modell, so die Theorie von Teilen der SPÖ, die Gemeinden bei der Grundversorgung von Asylwerbern entlasten.
Wenn man den Arbeitsmarkt für Asylwerber und andere völlig liberalisiert und öffnet, kommt es natürlich zu einem Verdrängungswettbewerb - und das in einer Situation, wo es keine Arbeitsplätze zu verteilen gibt. Das ist ja die Herausforderung. In dieser angespannten Situation dieses Signal zu setzen, ist aus meiner Sicht ein wirkliches Problem, und ich kann dieser Idee auch nicht nähertreten. Der Sozialminister hat sein klares Urteil ja gesprochen.
Aber es geht ja nicht um eine völlige Liberalisierung.
Wir haben derzeit alle Hände voll zu tun, die Menschen in Beschäftigung zu halten. Es geht darum, dass sich die Arbeitslosigkeit nicht über Gebühr entwickelt und die Wirtschaft wieder anspringt. Und da ist derzeit wenig Freiraum für solche Ideen. Dafür gibt es andere bessere Zeiten, wo man darüber diskutieren kann, aber ich sehe das derzeit nicht.
In welchen Bereichen wird es nun tatsächliche Einsparungen geben müssen?
Ich glaube, dass wir bei uns selbst - in der Verwaltung von Bund, Ländern und Gemeinden - die Effizienz steigern müssen. Das muss auch in der Konsolidierung des Staatshaushaltes Priorität haben.
In diesem Zusammenhang wird immer wieder angeführt, dass neun Bundesländer einfach zu viel sind.
Es geht nicht um die Frage der Anzahl der Bundesländer, sondern es geht um die Frage, wie Bund, Länder und Gemeinden im Zusammenspiel effizienzsteigernd sein können. Wie können wir es schaffen, mit einer Bereinigung entlang von Doppelzuständigkeiten und anderen Herausforderungen eine klarere Aufgabenverteilung zu erreichen? Das soll man gemeinsam ausdiskutieren. Es geht um Bereinigung zur Effizienzsteigerung, aber nicht um die Anzahl von Gemeinden und Ländern.
Was macht Sie so zuversichtlich, dass die Verwaltungsreform diesmal klappt?
Der Druck der Krise, der unglaublich auf alle Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden wirkt, macht mich zuversichtlich. Jeder merkt hautnah, wenn es enger wird. Da fehlt dann das Geld zur Politik-Gestaltung. Und das müssen wird durch eigene Effizienzsteigerungen entsprechend ändern.
Stichwort: Beamte. Wie werden hier die Verhandlungen laufen?
Auch die Beamten werden, so wie alle anderen Gesellschaftsteile der Republik, ihren Anteil zur Krisenbewältigung zu bringen haben. Jeder fair und ausgeglichen, aber jeder.
Wie soll das funktionieren?
Mit Verhandlungen, mit klaren Vorgaben und Diskussionen, aber nicht durch Diktat. Ich glaube, dass Demokratie nur funktionieren kann, wenn man auch die Mühen der Ebene im Sinne der harten demokratiepolitischen Diskussion nimmt. Da bin ich optimistisch.
Welche anderen Punkte möchten Sie auf jeden Fall noch im Herbst erledigen?
Ich glaube, dass wir im Gesundheitsbereich entscheidende Schritte weiterkommen müssen, dass wir auch bei der Verwaltungsreform substanzielle erste Erfolge erzielen müssen. Ich bin außerdem davon überzeugt, dass wir in den nächsten Monaten - obwohl manche schon davon träumen, dass die Krise vorbei ist - die Krisenbewältigung und die Maßnahmen, die wir gesetzt haben, konsequent umsetzen müssen. Wir sind noch lange nicht über den Berg. Wir haben zwar den freien Fall gehemmt, aber jetzt muss der Aufschwung nachhaltig organisiert werden.