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Ohne digitalen Beweis gilt es einfach nicht. Kann ja jeder behaupten, live vor Ort dabei gewesen zu sein. Ein Beweisfoto ist da schon das Mindeste. Im Idealfall gleich ein Video. Natürlich geteilt in einem der sozialen Netzwerke. Egal, ob Berggipfel oder Sandstrand, Popkonzert oder Bällebad. Erst die digitale Dokumentation macht die Realität real. Auch die eigene Erinnerung verblasst bei Digital Natives jenseits des eigenen Fotoalbums. Das eigene Gedächtnis wird ins Smartphone ausgelagert.
Die Produktion dieser digitalen Daten steigt aktuell gerade in schwindelerregende Höhen. Was mit diesen Daten geschieht, wer sich auf sie Zugriff verschafft und was dieser jemand dann damit anstellt, weiß niemand so genau. Datensicherheit und Medienkompetenz sind die aktuellen Schlagworte. Vom Nutzer werden mehr Kontrolle und Selbstkontrolle gefordert. Ein Thema, bei dem es sich auch auf anderen Gebieten genussvoll scheitern lässt.
Aktuell wird jedoch nicht nur das Erinnern digital delegiert. Dieser Trend erfährt gerade eine besorgniserregende Steigerung: die Delegation von Gegenwart - beziehungsweise deren Filter durch das flimmernde Display.
Auf Unmut stieß diese Entwicklung kürzlich bei Sängerin Adele. In einem Konzert forderte sie ihre Fans auf, ihre Smartphones wegzupacken: "Ich bin wirklich hier, und ihr könnt mich live und hautnah erleben, anstatt durch das Display eures Smartphones." Adele erntete viel Applaus von den Anwesenden. Dokumentiert wurde der Aufruf zur Smartphone-freien Zone natürlich mit - einem Smartphone.
Hätte ja sonst keiner geglaubt.