Bund hat für Kranebitter offenbar noch keine möglichen Nachfolger im Talon.
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Wien. Bei der krisengebeutelten Hypo Alpe Adria vergeht fast kein Tag ohne neue Hiobsbotschaften. Jetzt kommt der Staatsbank auch noch ihr Vorstandschef abhanden. Gottwald Kranebitter hängt seinen Job vorzeitig an den Nagel, nachdem er erst im März einen neuen Vertrag für weitere drei Jahre bekommen hat.
In einem offenen Brief an die Belegschaft begründet der 49-jährige Manager seinen Rücktritt vor allem damit, dass "undifferenzierte Kostenspekulationen massiven Schaden verursacht und in wenigen Wochen große Teile der Sanierungsarbeit der vergangenen drei Jahre beschädigt" hätten. Ähnlich wie Johannes Ditz, der seinen Job als Hypo-Aufsichtsratschef bereits Anfang Juni hinschmiss, hat demnach auch Kranebitter die politischen Debatten zur Hypo, in denen mit immer neuen Horrorzahlen jongliert wird, satt.
Unter diesen Bedingungen sei es ihm "unmöglich", seine Aufgaben als Bankchef weiterzuführen, hält der einstige KPMG-Manager in seinem am Dienstag veröffentlichten Brief fest. Zumal dadurch auch gesunde Teile der Bank wirtschaftlich in Mitleidenschaft gezogen worden seien. Auf Wunsch des Hypo-Aufsichtsrats bleibt Kranebitter jetzt noch bis Mitte August an Bord, weil bis dahin die Halbjahresbilanz erstellt sein soll. "Ich gehe, aber ich laufe nicht davon", betont der gebürtige Tiroler.
Androsch: "Keine leichte
Aufgabe, Leute zu finden"
Wer Kranebitter nachfolgt, ist derzeit noch völlig unklar. Sicher ist nur, dass niemand aus dem Hypo-Vorstand an die Spitze rückt (es sei denn interimistisch). Für die Nachbesetzung ist jedenfalls das Finanzministerium zuständig. Über die Namen möglicher Kandidaten hält man sich dort aber bedeckt. "Qualifizierte Leute zu finden wird keine leichte Aufgabe sein", sagt Hannes Androsch, Aufsichtsratspräsident der staatlichen Fimbag ("Banken-ÖIAG").
Kranebitter selbst galt als Quereinsteiger, als ihn Ditz im Frühjahr 2010 zur Hypo holte. Offenbar war damals unter heimischen Bankern niemand zu finden, der die heiße Kartoffel Hypo angreifen wollte. Kranebitter hatte zuvor noch nie ein Finanzinstitut geleitet - dank seiner Tätigkeit beim Wirtschaftsprüfer KPMG hatte er jedoch über Jahre hindurch guten Einblick ins Bankwesen bekommen.
Über Kranebitters Rücktrittsabsichten war die Bundesregierung im Übrigen schon seit Wochen informiert (die "Wiener Zeitung" berichtete darüber am 10. Juni). Die öffentlichen Statements der Regierung fielen am Dienstag deshalb eher knapp aus. "Es entscheidet schon noch jeder selber, ob er eine Funktion - auch als Vorstandsvorsitzender - erfüllt oder nicht", sagte Kanzler Werner Faymann. Vizekanzler Michael Spindelegger fügte hinzu: "Wir müssen das zur Kenntnis nehmen und möglichst rasch Persönlichkeiten finden, die an seine Stelle treten."
SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder bezeichnete Kranebitters Rücktritt als "nicht hilfreich". Eine besondere Tragik sei es aber auch nicht, da die Bank ja nicht nur von einer einzigen Person geführt werde.
OGH zu Vorzugsaktien-Deal: Kulterer muss ins Gefängnis
Unterdessen räumt Finanzministerin Maria Fekter ein, dass die Hypo über die für heuer budgetierten 700 Millionen Euro hinaus zusätzliches Geld vom Staat benötigen wird. Wie viel mehr, werde von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung und den neuen Abwicklungsauflagen der EU abhängen. Wie berichtet, hat Österreich am Wochenende einen überarbeiteten Abbauplan in Brüssel eingereicht. Fekter hofft vor allem, für den Verkauf der Hypo-Töchter am Balkan bis Mitte 2015 Zeit zu bekommen.
Weitere Nachrichten zur Hypo Kärnten gab es am Dienstag an einer anderen Front. In dem brisanten Fall Vorzugsaktien-Deal (aus dem Jahr 2004) hat der Oberste Gerichtshof (OGH) die erstinstanzlichen Haftstrafen für die vier Verurteilten nun bestätigt. Der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung werde nicht Folge gegeben, erklärte der Vorsitzende des Richtersenats, Kurt Kirchbacher. Wegen Untreue bzw. Beitrag zur Untreue sind demnach Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer zu 3,5 Jahren, Ex-Hypo-Vorstand Günter Striedinger und Rechtsanwalt Gerhard Kucher zu je vier Jahren sowie Steuerberater Hermann Gabriel zu 4,5 Jahren Haft rechtskräftig verurteilt worden.
Die Höchstrichter folgten vollständig dem erstinstanzlichen Urteil, dem zufolge die Hypo im Zuge des Vorzugsaktien-Deals durch die vier Verurteilten um fast 5,5 Millionen Euro unter Missbrauch von deren Befugnisse geschädigt wurde. Kulterer zeigte sich vom Urteil "negativ überrascht": "Wir werden uns den Weg zum Europäischen Gerichtshof auf jeden Fall vorbehalten."
Teures Chaos um Hypo Alpe Adria
2009: Im Dezember wird die Hypo notverstaatlicht. Der Bund nimmt den damaligen Aktionären BayernLB, Land Kärnten und Grawe die Anteile an der pleitebedrohten Bank um jeweils einen Euro ab. Schon davor befassten etliche Skandale Juristen und U-Ausschüsse in Österreich und Bayern.
2010: Das Jahr 2009 brachte 1,6 Milliarden Euro Verlust. Die EU zieht die Überlebensfähigkeit der Bank in Zweifel.
2011: Nach einem weiteren Milliardenverlust (2010) muss
der Bund einen Teil seiner Milliardenhilfen bereits abschreiben.
2012: Gutachter der Bank sehen in Großkrediten der Ex-Mehrheitsaktionärin BayernLB "Eigenkapital". Die Hypo stellt ihre Tilgungen ein und eröffnet eine neue juristische Front mit den Bayern. Im Dezember pumpt der Staat 500 Millionen Euro in die Bank, seine Kapitalzuschüsse summieren sich damit bereits auf gut zwei Milliarden Euro.
2013: Die EU-Wettbewerbshüter drohen mit der Schließung der Bank, sollte nicht umgehend ein neuer Abbauplan für die Hypo vorgelegt werden. Ende Juni ist Österreich dem nachgekommen.