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"Ich habe die FPÖ in der EU salonfähig gemacht"

Europaarchiv

Gegen eine zu liberale Asylpolitik aus humanitären Gründen und gegen eine EU-Beitragserhöhung spricht sich der FPÖ-Spitzenkandidat bei der Europa-Wahl, Hans Kronberger, im Interview mit der "Wiener Zeitung" aus. Der bisher parteilose EU-Parlamentarier erläutert außerdem sein Verhältnis zur FPÖ und weshalb er ein rumänisches Patenkind hat.


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Wiener Zeitung: In Österreich kandidieren bei der EU-Wahl sechs Listen. Warum sollte ausgerechnet die FPÖ gewählt werden?

Hans Kronberger: Weil wir ein ganz klares Bekenntnis zu Österreich abgeben. Wir vertreten Österreich in Brüssel, und nicht Brüssel in Österreich. Und wir haben als Fraktionslose immer eine eindeutige Linie vertreten für eine Spesenreform und gegen eine EU-Steuer. Wir sind auch gegen eine Beitragserhöhung im EU-Budget, solange bei den Agrarförderungen nicht die sachgemäße Verwendung garantiert ist.

Aber auf der neuen FPÖ-Liste treten mit Ihnen Personen an, die in der Europapolitik unbedarft und unerfahren sind.

Klar, ich bin als Facharbeiter der Lokführer und ein Signal. Ich hab' eine hohe mediale Präsenz und das Manko der Fraktionslosigkeit im EU-Parlament in einen Vorteil umgewandelt. Es ist mir gelungen, die FPÖ in Brüssel salonfähig zu machen.

Unter den zehn FPÖ-Kandidaten gibt es nur zwei Frauen und gleich zwei Kandidaten aus Kärnten. Während Sie über die Parteigrenzen hinweg geschätzt werden, tritt auch Andreas Mölzer an. Ist die FPÖ-Liste nicht sehr inkohärent?

Mein Gott, die FPÖ ist pluralistisch.

Sie sind nach wie vor nicht Mitglied der FPÖ, aber bereit beizutreten?

Ja, aber das ist eine Formalsache, die Parteimitgliedschaft ist nicht prioritär. Ich habe keine Distanz zur FPÖ und bin auch Mediensprecher.

Stört es Sie als EU-Politiker gar nicht, dass die FPÖ in ausländischen Medien als rechtsextrem eingestuft wird?

Das ist eine medial oberflächliche Betrachtung. In der EU haben viele wegen der Sanktionen ein schlechtes Gewissen. Die Vorurteile gegenüber der FPÖ sind verschwunden.

Kommen wir zurück zur EU-Wahl. Der Slogan des ersten FPÖ-Plakats lautet "EU-Spesenskandal - offenlegen statt zudecken". Kann man damit eine Wahl gewinnen?

Natürlich nicht.

Welche Themen werden Sie dann ansprechen?

Sicherlich die Erweiterung, die gerade abgeschlossen wurde. Jetzt müssen wir einmal beobachten, wie die EU der 25 funktioniert, und nicht über eine endlose Ausdehnung der Union diskutieren.

Stellen Sie damit auch die Beitritte von Bulgarien und Rumänien 2007 in Frage?

Zuerst müssen wir die EU-Fortschrittsberichte zu den beiden Ländern abwarten. Ich war immer gegen eine zu schnelle Erweiterung und dagegen, zehn Länder auf einmal aufzunehmen.

Sie haben ein rumänisches Patenkind. Machen Sie das, um zu zeigen, dass Rumänien nicht EU-reif ist, um überschüssiges Diätengeld einzusetzen oder aus humanitären Gründen?

Also dahinter steckt eine rein humanitäre Überlegung. Als meine Kinder und ich vor einigen Jahren Rumänien besuchten, hat meine Tochter den kleinen Buben in einem Bachbett gefunden. Er hatte Syphilis nach der Geburt. Er ist unser Christkind, das ist vielleicht kitschig, aber so ist es.

Sollten nicht viel mehr die positiven Effekte der Erweiterung betont werden?

Genau das meine ich. Wir müssen der Bevölkerung reinen Wein einschenken. In der Asylpolitik etwa haben wir endlich eine Liste sicherer Drittstaaten. Wir müssen bei den Asylbewerbern unterscheiden zwischen Flüchtlingen nach der Genfer Konvention und jenen, die den Status nicht verdienen. Wir können nicht alle Flüchtlinge aufnehmen, wenn sie zum Beispiel keine Schulbildung haben, die wir ihnen auch nicht bieten können. Das wäre nicht humanitär. Die EU muss ihre internationale Verantwortung wahrnehmen.

Wie wichtig ist Ihnen das Anliegen soziale Sicherheit? Vor allem der EU-Kommission wird gerne vorgeworfen, einen zu wirtschaftsliberalen Kurs zu verfolgen.

Ich teile diese Kritik. Wir müssen in den Sozialbereich viel mehr hineinarbeiten. Einkommen muss stärker an Leistung gebunden werden. Und wir brauchen eine Sozialcharta.

Welche Rolle wird die neue Verfassung im Wahlkampf spielen?

Dass die Großen die Kleinen fressen wollen, ist ein Naturprinzip. Daher hab ich immer die Forderung nach einem Kommissar pro Land unterstützt. Wir müssen die EU mitgestalten können. Über die Verfassung soll die Bevölkerung in Österreich und in der EU abstimmen. Klar muss aber sein, dass es zum Euratom-Vertrag eine Revisionskonferenz gibt, damit wir aus der Atomgemeinschaft austreten können.

Aber dann würden der Bevölkerung zwei Fragen zur Abstimmung vorgelegt. Ist es nicht eine Illusion zu glauben, dass beides durchgeht?

Wenn ich in meinem Leben nie Illusionen gehabt hätte, wäre ich Bankbeamter, Lehrer oder Pfarrer in Admont geworden.

Mittlerweile sind Sie im Europa-Parlament als Experte in Umweltfragen anerkannt. Was ist in diesem Bereich auf EU-Ebene noch anzupacken?

Wichtig ist mir der Schutz des Wassers. Wir müssen uns für die natürlichen Ressourcen und gegen eine Liberalisierung der Versorgung einsetzen. Bei den Erneuerbaren Energien müssen wir den konstruktiven Weg weitergehen. Es gibt ja einen massiven Druck, die Atomkraft in Europa auszubauen.

Von Seiten der Atomlobby oder der EU-Kommission?

Das ist ja oft nicht zu trennen.

Wie zuversichtlich sind Sie hinsichtlich einer Lösung des Transit-Problems?

Die Auseinandersetzung wird sich auf der Straße abspielen. Österreich wird in der Nord-Süd- und in der Ost-West-Richtung vom Verkehr überrollt werden.

Und wer ist daran schuld? Hat die EU versagt oder die österreichische Regierung?

Verkehrspolitische Projekte greifen nach 10 bis 15 Jahren. Also wenn in Österreich jetzt die Opposition der Regierung Versäumnisse vorwirft, ist das eine klassische Selbstanklage. In der EU ist es weder Kommission noch Rat gelungen, eine Weichenstellung in der Verkehrspolitik zu vollbringen.

Bis wann rechnen Sie mit einem Beschluss der EU-Wegekostenrichtlinie?

Wenn sie eine noch schlechtere Lösung als die derzeitige Regelung bringt, werden wir die Richtlinie bekämpfen. Wir dürfen die Beschwichtigungshofräte nicht ans Rednerpult lassen. Und die Arbeit beginnt am 14. Juni - außer die FPÖ fällt unter fünf Prozent.

Das Gespräch führte Heike Hausensteiner

*

Die FP-Kandidaten

Die FPÖ-Kandidaten bei der Europa-Wahl am 13. Juni sind:

1. Hans Kronberger

2. Franz Großmann (Ex-SP-Landesparteisekretär in Kärnten)

3. Andreas Mölzer (Publizist)

4. Heike Trammer (Wr. LAbg.)

5. Willi Brauneder (früher dritter Nationalratspräsident)

6. Christoph Hagen (Vlbg. Landesrat)

7. Ulrike Haunschmid (Ex-Bundesratsabgeordnete aus OÖ)

8. Johann Tschürtz (bgld. LAbg.)

9. Norman Schadler (Tirol)

10. Markus Fauland (Salzburg)