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"Ich habe mein Interesse bekundet, zu bleiben"

Von Matthias Nagl

Politik

EU-Regionalkommissar Johannes Hahn hofft auf eine Verlängerung seines Amtes.


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"Wiener Zeitung": Herr Hahn, Sie sind nun seit gut vier Jahren EU-Kommissar für die Regionalpolitik, und am Sonntag sind die EU-Wahlen. Wie sehr oder wie wenig ist Ihr Verbleib vom Ausgang der Wahl abhängig.Johannes Hahn: Ich habe mein Interesse, zu bleiben, bekundet, und zu entscheiden hat das die Regierung. Mehr ist dazu nicht zu sagen.

Kann man in einem Zeitraum von vier Jahren in der Kommission eine persönliche Note in der EU-Politik hinterlassen?

Wenn man gerade das Zeitfenster erwischt, das ich erwischt habe, und eine neue Programmperiode vorbereiten muss, dann ja. Die Änderung, die ich vollzogen habe, ist, dass wir die Politik inhaltlich entlang der Europa-2020-Schwerpunkte ausgerichtet haben. Das Wesentlichste ist aber, dass ich die Politik von einem Schwerpunkt auf Infrastrukturförderung zu einem Schwerpunkt auf Wirtschaftsförderung gedreht habe. Das Zweite ist der Bereich erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Außerdem billigen wir dem städtischen Aspekt auch auf europäischer Ebene stärkeres Augenmerk zu.

Insgesamt haben wir die Wirksamkeit und Rechenschaftspflicht der Regionalpolitik nachweislich erhöht. Das heißt, zum Ende der Periode müssen die Förderwerber quantifizierbare Ziele mit uns vereinbaren, die dann auch kontrolliert werden. Insofern kann ich schon sagen, dass ich ziemlich eindeutig meine Handschrift zurückgelassen habe.

Wie wird die Wirtschaftsförderung konkret aussehen? Können Unternehmen dann direkt Förderungen beantragen oder läuft das weiterhin über die Regionen?

Das Prinzip der Regionalpolitik ist die geteilte Aufgabenverwaltung. Das heißt, wir verhandeln im Jahr 2014 mit den Regionen und den Mitgliedsländern die einzelnen Programme. Da wird festgelegt, was die strategischen Ziele und Förderschwerpunkte sind. Auf Basis dieser Vereinbarungen können dann die einzelnen Regionen unterlegt mit einem entsprechenden Budget die Entscheidungen treffen, welche Projekte sie fördern. In Österreich sind die jeweiligen Abteilungen in den Landesregierungen zuständig. Sie sind uns gegenüber dann aber auch verpflichtet, dass die Abrechnung dieser Förderungen ordnungsgemäß stattfindet.

Man könnte also auch sagen, dass es für die EU-Förderungen thematisch strengere Vorgaben gibt.

Es gibt thematische Vorgaben, die sich an der Europa-2020-Strategie orientieren. Diese Strategie wurde von allen Mitgliedsländern und dem Europäischen Parlament beschlossen. Das ist ja nicht eine einseitige Hirngeburt der Kommission. Aber das Thema war, wie kann man diese Strategie mit Leben erfüllen? Da haben wir die Antwort gegeben, dass es über die Regionalpolitik geht. Denn die Regionalpolitik fördert alle 274 EU-Regionen. Damit haben wir ein finanzielles Instrument an der Hand, mit dem gesamteuropäische Ziele umgesetzt werden können.

Besteht in diesem Fall nicht auch die Gefahr, dass der Ruf der Europäischen Union darunter leiden könnte? Etwa wenn Regionalpolitiker Geld gerne für etwas anderes als die thematischen Vorgaben hätten.

Das wird nicht passieren, denn es ist ja zu vereinbaren. Und das Wesen einer Vereinbarung ist, dass beide Seiten zustimmen. Die Zustimmung kann nur auf Basis der beschlossenen Bestimmungen erfolgen. Und wir haben ein effizientes Kontrollsystem. Die Flexibilität der Regionen besteht darin, sich in diesem Rahmen etwas auszusuchen. Ich vergleiche das mit einer sehr umfangreichen Speisekarte, die wir anbieten. Die Region kann sich dann ihr Menü zusammenstellen. Sie können sich aber nichts bestellen, was nicht in der Speisekarte ist. Wenn Sie so wollen, sind alle Regionen gemeinsam mit den Mitgliedsländern zusammengesessen und haben die Speisekarte entwickelt. Jetzt können sich die Regionen aus der Speisekarte etwas aussuchen.

Bisher war es bei vielen Projekten nicht immer klar ersichtlich, dass die EU beteiligt ist, selbst wenn sie die Hälfte der Kosten getragen hat. Wäre es nicht notwendig, hier stärker in den Vordergrund zu treten? Auch, um den Ruf zu verbessern.

Den Ruf kann man dadurch verbessern, dass diejenigen, die das Geld bekommen, auch darüber reden, dass europäisches Geld daran beteiligt ist. Dass das nicht passiert, ist bedauerlich. Es gibt Regeln, dass irgendwo ausgeschildert sein muss, dass EU-Fördergelder zur Anwendung kommen. Das passiert auch. Die Frage ist, wo dieses Taferl ist? Ich halte nichts davon, vorzuschreiben, wo dieses Taferl sein muss. Da appelliere ich an die Verantwortlichen, auch im Interesse des Images der Europäischen Union, dafür Sorge zu tragen, dass die Leute wissen, hier ist europäisches Geld involviert.

Bürgermeister und Firmenvertreter sollten ja stolz sein, beweisen zu können, dass sie offensichtlich gute Kontakte haben und die Wege zu Fördergeldern kennen. Da würde ich das Taferl ganz prominent hinstellen und sagen: "Freunde, ich weiß, wie es geht."

Johannes Hahn (56) ist seit 2010 EU-Kommissar für Regionalpolitik. Davor war der ÖVP-Politiker von 2007 bis 2010 Wissenschaftsminister. Von 2005 bis 2010 war Hahn zusätzlich Obmann der ÖVP Wien. Vor seinem Einstieg in die Politik war der Wiener unter anderem Vorstandsvorsitzender der Novomatic AG. Auf Einladung des "Salzburg Global Seminars" sprach er in Salzburg.